»[…] und am Brandenburger Tor, mit den großen Kandelabern dazwischen, sah es beinah aus wie ein Bild von Skarbina. Kennen Sie Skarbina?« – Die Wirkung des Nebels im Kampf mit dem Gaslicht in der abendlichen Stadt erinnert die Baronin in Theodor Fontanes Roman »Der Stechlin« (1897/98) an gemalte Bilder, die sie kürzlich gesehen hat (Th. Fontane, Der Stechlin, in: Werke, Schriften und Briefe, Bd. 1/5, München 1980, S. 228).
Skarbina ist als ein Maler Berlins bekannt geworden. Als einer der ersten spürte er hier den Effekten des Zueinanders verschiedener Lichtquellen in der modernen Großstadt nach und nahm sie in seine Bildkunst auf: natürliches Licht und Kunstlicht, Nebel und Regen im Kampf mit dem Gaslicht. Das Gemälde »Allerseelentag« bringt die stimmungsvolle Abenddämmerung in förderlichen Kontrast zum feierlichen Kerzenlicht, beides zusammen erzeugt die einprägsame Stimmung. Das Bild ist von verschiedenen Gegensätzen geprägt, nicht nur von jenen zwischen Hell und Dunkel, Dämmerung und Kerzenschein. Bildbestimmend ist auch die Spannung zwischen Jugend und Tod, der Kontrast von schwarzer Witwenkleidung und dem im Widerschein der Kerzen rosig glühenden Gesicht der jungen Frau. – Ein Auslöser zu diesem Werk war der Besuch einer jungen Witwe in Skarbinas Atelier; der Widerspruch zwischen ihrer Schönheit und der Witwenkleidung hat ihn nach eigener Aussage zu dem Bilde angeregt (vgl. J. Norden, Bei Franz Skarbina, in: Berliner Künstler-Silhouetten, Leipzig 1902, S. 152): So wählte er eine Szene zur Person. Zu sehen ist das abendliche Anzünden von Kerzen an Allerseelen auf den geschmückten Gräbern des katholischen Hedwigskirchhofs, ein Brauch, den man im protestantischen Berlin an keiner anderen Stelle beobachten konnte. | Angelika Wesenberg