Original: Deutsch
Aus unserer Stadtgeschichte
Das ehemalige Gutshaus Catoir - nunmehr Museumsgebäude in der Römerstraße - Einst der Leiningen -
Falkenburger Hof
von Georg Feldmann
Das von der Stadt als Heimatmuseum zu einem wahren Schmuckstück gestaltete ehemalige Anwesen Catoir in der Römerstraße
- ein klassizistisches Gebäude aus dem Jahr 1781 - gehört zu den historisch interessanten Gebäuden unserer Stadt.
I.
An der Stelle des jetzigen Gebäudes befand sich bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts der sog. „Leiningen-Falkenburger Hof.”
Die Frage stellt sich nach der Herkunft dieses Namens. Die Falkenburger Linie war im Jahr 1560 bei der 3. Leininger Teilung
aus der Linie Leiningen-Dagsburg-Hardenburg entstanden. Graf Johann Philipp (+1562) erhielt damals u.a. die Hardenburg,
Dürkheim, Pfeffingen, Ungstein, Kallstadt usw., während sein Bruder Emich X. (+1593) Schloß und Amt Falkenburg, Mülheim,
Colgenstein, Heidesheim, Kindenheim, Biedesheim, die Hälfte von Haßloch, Böhl und Iggelheim und anderes erhielt. Letztere
Linie nannte sich nunmehr nach der Falkenburg (b./Wilgartswiesen) „Leiningen-Dagsburg-Falkenburg”. In Dürkheim besaßen
sie vor 1600 bereits den Blickenhof und den Zeiskamer Hof. (Ersterer befand sich etwa bei den Anwesen Grauer/Hartmüller in
der Weinstraße-Nord, letzterer im heutigen Anwesen Essigfabrik Hauer, Weinstr. Nord 3). Die Falkenburger waren nun auch
bestrebt, hier in Dürkheim ihre Hofhaltung und Residenz einzurichten. Dabei kamen sie jedoch in Konflikt mit den Harden-
burger Grafen, die dies schließlich verhindern konnten. Es kam im Jahr 1600 ein Vertrag zustande, dessen wichtigste Bestim-
mung war, daß die Falkenburger ihre hier begonnene Hofhaltung an einen anderen Ort verlegen sollten und der Blicken- und
Zeiskamer Hof an die Hardenburger Grafen übereignet wurden. Die Falkenburger bauten sich dann in den Jahren 1608-12 ein
Schloß in Heidesheim bei Grünstadt. Die Hardenburger gestanden ihnen aber zu, sich in Dürkheim zur Aufbewahrung ihrer
Weine und Früchte und zur Bewirtschaftung ihrer Güter ein Haus zu bauen oder zu kaufen. Schon in dem Teilungsvertrag von
1560 war den Falkenburgern übrigens der Weinzehnt aus dem Weilacher und Lauerviertel in Dürkheim zugestanden worden.
Graf Johann Ludwig zu Leiningen-Dagsburg-Falkenburg erwarb nun in der Zeit um 1604 einen Hof in der heutigen Römerstraße
von der Witwe des Wilhelm Rüel. Nach seinem nunmehrigen Besitzer wurde der Hof in der Folgezeit „Falkenburger Hof” ge-
nannt. Im ältesten im Archiv vorhandenen Lager- oder Morgenbuch aus der Zeit um 1600 ist „Wilhelm Rüels Witwe” noch als
Eigentümerin des Hofes eingetragen.
Die kriegerischen Zeiten des 17. Jahrhunderts, in denen auch unserem Dürkheim so übel mitgespielt wurde (siehe Stadtchronik),
gingen auch an dem Falkenburger Hof nicht spurlos vorüber. So erlitt er schon während des 30jährigen Krieges schwere Schäden,
weitere vor allem im Orleans’schen Krieg 1689. Wir erfahren, daß ein neues Kelterhaus samt Kelter und eine neue Scheuer nebst
Stallungen errichtet werden mußten. Laut unserer Stadtchronik waren von den Ächtern zum Wiederaufbau 10 Eichen- und 84
Kiefernstämme aus dem Limburg-Dürkheimer Wald bewilligt worden. In einem Morgenbuch von 1768 ist der Hof wie folgt be-
schrieben:
„Leiningen-Falckenburger Herrschaft: Ein Hauß und Hof in der Römer Gaß, beforcht (-begrenzt) nach Waldt Judt Wolf,
nach Rhein die Superintendantur (=prot. Pfarrhaus, heute Anwesen von Messerschmied Walther)”.
Nachdem die Falkenburger Linie 1774 ausgestorben war und von der Hardenburger Linie beerbt wurde, war für letztere der
Hof vermutlich überflüssig geworden und laut Stadtchronik veräußerten sie ihn im Jahr 1780 an den Rotgerber Catoir um
1921 Gulden u. 20 Kreuzer.
II.
Wie das alte Anwesen ausgesehen hat, wissen wir nicht. Laut
einer Inschrift auf dem Schlußstein des Torbogens - T. C. 1781
dürfte das heutige Gebäude im Jahr 1781 von Johann Theo-
bald Catoir erbaut worden sein. Auch spricht der klassizisti-
sche Baustil des Hauses für einen Neubau in dieser Zeit. Bei
der Familie Catoir handelt es sich um eine wallonische Huge-
nottenfamilie, die zunächst zusammen mit anderen Glaubens-
genossen in den aufgehobenen Kloster Schönau bei Heidel-
berg Unterkunft gefunden hatte und dann später in die Pfalz
kam. Auch die Frau von Johann Theobald Catoir war hugenot-
tischer Abstammung. Sie hieß mit ihrem Mädchennamen Marie
Elisabeth Grammont. In einem Schätzungsprotokoll vom Jahr
1787 (S.59) ist bereits ein Sohn von Johann Theobald, Georg
Catoir, 1753 geboren, als Eigentümer des Falkenburger Hofs
genannt. Als Beruf von ihm ist dabei „Bierbrauer und Gast-
wirt” angegeben. In einem Lagerbuch vom gleichen Jahr ist
das Anwesen wie folgt beschrieben:
„Johann Georg Catoir: Hauß, Hof, Stallung und Brauhaus,
samt Zugehör in der Römer Gaß, ehemalig der Falckenburger
Hof genannt, beforcht (-begrenzt) nach Rhein die Superinten-
dantur, nach Wald Christoph Schlichting; hat beim Erkauf
30 Ohm 63 1/2 Maas Beedt alljährlich zu liefern übernom-
men.”
In dem Gebäude befand sich demnach damals zeitweise eine
Brauerei mit Gasthaus. Dies geht auch aus einem Einwohner-
verzeichnis von 1791 hervor. Hierin ist Georg Catoir als
„Biersieder und Gastgeber zum Jägerthal” bezeichnet. Später
bei der Geburt eines Sohnes 1795 ist jedoch als Beruf von ihm
„Rotgerber” angegeben. Somit dürfte die Brauerei und Wirt-
schaft nur kürzere Zeit bestanden haben.
In diesem Zusammenhang muß noch erwähnt werden - zwar
nicht mehr zu unserem eigentlichen Thema gehörig, aber doch
für die Stadtgeschichte von Interesse - daß Georg Catoir noch
zwei Brüder hatte, die beide ebenfalls Rotgerber waren. Es
waren dies Carl Wilhelm, geb. 1739, und Johann Heinrich,
geb. 1744. Der erstere besaß ein Haus mit Garten in der
„Westergaß” (heutige Kaiserslauterer Straße). Es dürfte sich
um das heutige Anwesen Baust/Zumstein handeln. Außerdem
hatte er ein „Gerbhaus auf der Eichbach”. Der Letztere besaß
ein Haus mit Garten „an der Bach”. Es war wohl das vor eini-
gen Jahren abgerissene Haus Catoir an der Gerberstraße, das
für die Abzweigung der neuen B 37 nach der Innenstadt zur
Weinstraße-Nord benötigt wurde.
Nahezu zwei Jahrhunderte blieb nun der Falkenburger Hof
im Besitz der Familie Catoir. Unter Johann Jakob Catoir, geb.
1788, gest. 1856, Sohn von Johann Georg, wurde um 1834
in einem der Rück- oder Seitengebäude - jedenfalls zeitweise -
eine Bäckerei betrieben, während das Hauptgebäude damals
der ledigen Elisabeth Catoir gehörte. Nach deren Tod erbte
Johann Jacob Catoir auch das Haupthaus. Später wird sein
Beruf als Gutsbesitzer angegeben.
Es folgte als Erbe sein einziger Sohn Carl, geb. 1824, gest.
1905, und schließlich dessen Sohn Friedrich Jakob Karl, geb.
1848, gest. 1918. Nach seinem Tod bewirtschaftete seine
Witwe, Frau Sophie Catoir geb. Lang als äußerst tüchtige Frau
noch jahrelang das Weingut musterhaft. Auch nach ihrem Tod
wurde es unter Verwalter Sonnentag noch lange Jahre von den
Erben als Weingut betrieben.
Auf die Inschrift im Schlußstein des Torbogens - T C 1781 -
wurde bereits hingewiesen. Darüber ist noch eine Messingtafel
eingelassen, die vermutlich noch von Herrn Baust angebracht
wurde, die folgende Inschrift trägt:
„Ehem. Fürstl. Leiningen-Falkensteiner Hof, von 1780-1978
Weingut Carl Catoir”.
Diese Inschrift ist nicht ganz richtig. Einmal müßte es richtig
heißen „Leiningen-Falkenburger Hof”. Den Falkenburgern
gehörte ja die Falkenburg bei Wilgartswiesen im Queichtal,
während Falkenstein am Donnersberg nie etwas mit Leinin-
gen zu tun hatte, es gehörte ja bekanntlich zuletzt bis zur
französischen Revolution zu Österreich. Zum anderen waren
die Falkenburger keine Fürsten, sondern Grafen.
III.
Nachdem das Gutsgebäude nahezu 200 Jahre im Besitz der
Familie Catoir gewesen war, wurde es mit Notariatsurkunde
vom 5. April 1978 von der Stadt Bad Dürkheim erworben, um
nach gründlicher Renovierung als Heimatmuseum, Städt. Mu-
sikschule, Offene Werkstatt und für verschiedenes Andere Ver-
wendung zu finden. Nach dem Abschluß der Arbeiten, deren
Gesamtkosten auf etwa 1,7 Mio. Dm beziffert wurden, kann
man wohl sagen: Bad Dürkheim hat etwas für die Erhaltung
seiner kulturellen Werte getan und ist um ein Schmuckstück
reicher geworden.