Prof. Dr. OTTO LEHMANN
techn. Hochschule
KARLSRUHE.
Karlsruhe 16. I. 96.
Hochgeehrter Herr College!
Für die Zusendung Ihrer hochinteressanten Arbeit
bestens dankend, erlaube ich mir Sie mit
einer damit bezüglichen Bitte zu belästigen.
Ich beabsichtige demnächst im hiesigen natur-
wissenschaftl. Verein und vor größerem Publikum
einen Experimentalvortrag über Ihre neuen
Strahlen zu halten. Da ich nun nicht weiss,
ob mir die Versuche gelingen werden, wäre
es mir höchst erwünscht einige Ihrer
Photographien demonstriren zu können.
Da es sich um einen Vortrag für mehrere
Hundert Personen handelt, solten die Photo-
graphien so beschaffen sein, daß sie sich
für Projektion eignen.
Meine Bitte geht nun dahin, Sie möchten
die Freundlichkeit haben mir für Rechnung
des hiesigen Instituts durch einen dortigen
Photographen einige Diapositive oder Negative
Ihrer besten Photographien herstellen zu lassen.
Da unsere Mittel augenblicklich in Folge
der Abtrennung der Elektrotechnik von der
Physik sehr beschränkt sind, müßte sich
der Preis allerdings in den Grenzen der
für solche photographische Copien üblichen Preise
halten.
Wie mir scheint paßt Ihre Entdeckung
sehr gut zu der von mir vertretenen
Ansicht über die intermittierende Natur
der Entladung und über das Wesen der
Kathodenstrahlen. Ich hatte selbst früher
die Absicht nach solchen von den phosphorescirenden
Wänden, welche meiner Ansicht nach
in äußerst rascher Folge durch die
Kathodenstrahlen geladen und durch
das positive Licht wieder entladen
werden, zu suchen, indeß schien
mir eine derartige Arbeit nach den
geringfügigen Wirkungen, die Lenard
erzielt hatte, ganz aussichtslos.
Sollte es Ihnen möglich sein mir
für die Ausführung der Versuche noch den
einen oder anderen Wink zu geben,
so wäre ich Ihnen sehr dankbar, möchte
aber Ihre augenblicklich jedenfalls sehr
stark in Anspruch genommene Zeit
nicht mich für mich beanspruchen.
Mit herzlichen Glückwünschen zu der
schönen Entdeckung und besten Grüßen
Ihr ergebener
O. Lehmann