In ihrer Foto-Serie „beyond“ fotografierte Loredana Nemes türkische und arabische Gemeindehäuser und Lokale in Berlins multikulturell geprägten Ortsteilen Kreuzberg, Neukölln und Wedding - neonbeleuchtete Räumen hinter milchigen Glasscheiben, wo muslimische Männer von der Außenwelt abgeschirmt zusammentreffen. Nemes fotografierte zunächst abendliche Außenansichten, später bat sie die Männer, an die Glasscheiben zu treten. Die so entstandenen eigenartigen Porträts tragen den Namen des jeweils Dargestellten, die Person selbst bleibt hinter der Scheibe aber nur ein vager Umriss.
Visuellen Kontraste und gezielte Unschärfen sind typische Gestaltungsmittel in Nemes‘ Arbeiten, die häufig um Fragen nach Identität und kulturellen Differenzen kreisen. In „beyond“ dienen sie als konkrete und metaphorische Blickverschleierung gegenüber etwas Fremden. Je nach Perspektive werden die Räume oder die Außenwelt als fremd empfunden. Ulrike Domröse, Kuratorin von Nemes‘ erster institutioneller Ausstellung in der Berlinischen Galerie, sieht eine teilweise Inspiration für „beyond“ in Loredana Nemes‘ eigener Erfahrung des Fremdseins. Im Alter von 14 floh sie mit ihrer Familie aus Rumänien nach Deutschland. Davor lebte die Familie ein Jahr im Iran, wo Nemes erstmals der strikten Geschlechtertrennung in der islamischen Kultur begegnete.