Beschreibung von Ernst Klein (1967):
Österreich, «Kaiser Josephs Pflug»
„Auch dies ein altdeutscher Beetpflug, der sich von dem vorigen [HMS_RAU_194 / A526] nur dadurch unterscheidet, daß die Schar auffällig groß und die Sohle sehr breit ist, so daß auch die rechte Sterze in der Sohle sitzt. Die Landseite ist hier - wie gewöhnlich - nicht geschlossen, das Radvorgestell fehlt auch in diesem Falle. Die Hohenheimer Modelle wurden, soweit es sich um Karrenpflüge handelt, leider meistens ohne das Radvorgestell hergestellt, obwohl seine Konstruktion für die Funktion des Pfluges doch keineswegs unwichtig ist. Die Löcher im Grindel dienten dazu, das Radvorgestell länger oder kürzer anzuhängen, um auf diese Weise - bei gleichbleibender Grindelauflage - die Arbeitstiefe zu regulieren. Die im Hohenheimer Inventar angegebene Bezeichnung rührt daher, daß das Modell offenbar nach einer Abbildung hergestellt wurde, die Joseph II. hinter dem Pflug darstellt, eine Szene, die sich 1769 in Böhmen abgespielt hat [FRANZ 1963, S. 258 f.]. Im Bildarchiv der österreichischen Nationalbibliothek befindet sich eine oft reproduzierte Darstellung dieser Szene [vgl. BUCHINGER 1952, S. 159], die aber als Vorlage für unser Modell nicht in Frage kommt, weil sie einen anderen, übrigens schwer erkennbaren, Pflugtypus zeigt.“
Historischer Hintergrund:
Am 19. August 1769 war der österreichische Kaiser Joseph II. auf der Brünner Kaiserstraße zum Olschaner Lager und nach Neisse unterwegs. Zwischen 17 und 18 Uhr erlitt die Hofkutsche nördlich von Slawikowitz (Slavíkovice) einen Achsschaden. Während die Kutsche repariert wurde, stieg Joseph II. aus und ging zum neben der Straße gelegenen Feld des Bauern Andreas Trnka, wo dessen Knecht Jan Kartoš mit Pflügen beschäftigt war. Der Kaiser nahm die Sterze und zog zusammen mit Kartoš, der die Zügel des Gespanns führte, zwei Furchen.
Bereits im selben Jahre äußerte Kaiserin Maria Theresia den Wunsch, auf dem Feld ein einfaches Denkmal zu errichten. Inzwischen steht dort das fünfte Denkmal. Das Motiv des pflügenden Kaiser Joseph ist außerdem Gegenstand mehrerer Graphiken, Gemälde, Medaillen und ist auf einer Banknote abgebildet.
Grafik der Österreichischen Nationalbibliothek
1. Joseph II, pflügt bei Slawikowicz auf dem Feld des Bauern Andreas Trnka. Stich. Deutsch-lateinische Legende: https://digital.onb.ac.at/rep/osd/?10ED24B2
2. Kaiser Josef II. pflügt am 19.08.1769 bei Slawkowicz (Mähren) auf dem Feld des Bauern Andreas Trnka, der Knecht Johann Kartosch führt die Zügel. Heliogravüre nach einem Gemälde von Emil Pirchan d.Ä.: https://digital.onb.ac.at/rep/osd/?11134FFE
3. Kaiser Josef II. führt, die Wertschätzung des Bauernstandes bezeugend, auf einer Reise durch Mähren bei dem Dorf Slavikovitz den Pflug. Anmerkung: Legende fälschlicher Weise 1765.: https://digital.onb.ac.at/rep/osd/?10DDF083
4. Josef führt den Pflug (19. August 1769): https://digital.onb.ac.at/rep/osd/?10EF234F
22 weitere Abbildungen siehe: https://search.onb.ac.at/primo-explore/search?query=any,contains,kaiser%20joseph%20pflug&tab=default_tab&search_scope=ONB_gesamtbestand&vid=ONB&offset=0
Ernst Klein hat den Pflug 1967 in seiner Systematik eingeteilt unter:
IV. Beetpflüge
a) mit ebenem oder gewölbtem Streichbrett
Anmerkung von Helmut Gundert (1952):
„Kaiser Joseph regierte im 18. Jahrhundert.“
In der veralteten Systematik der Pflugmodellsammlung von Ludwig Rau wurde der Pflug 1881 eingeteilt unter:
Oesterreich. „Kaiser Josephs-Pflug“
Pflüge
E. Geschweifte Sterze, gespitzte Sohle, eiserne Spitze oder Schar, meistens einschneidig
Ein Streichbrett seitlich, links oder rechts befestigt (Beetpflüge)
Classe XII. Eiserne Spitze oder Schar an der Sohle befestigt
Q) Streichbrett meist rechts[s]eitig befestigt, gerade, senkrecht gestellt
Anmerkung von Gerald Edwin Rehkugler (2011) im Sammlungsverzeichnis der Cornell University, Ithaca, New York:
„Kaiser Joseph ruled in the 18th century.“