Die Stele des Kai ist zweigeteilt. Im oberen Bildfeld sind Inschriften im versenkten Relief angebracht, während im unteren Bereich die Darstellungen im erhabenen Relief ausgearbeitet sind. Kai, der den Titel eines Polizeivorstehers der westlichen Wüsten trägt, ist im unteren Bildfeld in Begleitung einer weiblichen Familienangehörigen in schreitender Haltung dargestellt. Er trägt eine kugelige Lockenperücke, einen kurzen Schurz mit Vorbau sowie um den Hals einen Halskragen und zwei Armreifen an den Handgelenken. In seinen Händen hält Kai Bogen und Pfeile, die auf seine Karriere im militärischen Bereich hinweisen. Hinter seinen Beinen sind zwei namentlich genannte Jagdhunde dargestellt, die ihren Herrn begleiten. Vor ihm in Augenhöhe sind zudem vier Steingefäße für Parfüm oder Öl zu sehen. Die Frau im langen, eng anliegenden Kleid, die entweder seine Gemahlin oder seine Mutter Beschet darstellt, steht hinter Kai und legt ihren linken Arm unterstützend um seine Schulter. Sie trägt zudem eine Perücke mit geflochtenen Strähnen. In ihrer rechten Hand hält sie eine Lotusblüte. Des Weiteren kauern unterhalb der Standlinie noch drei weitere Jagdhunde, die ebenfalls mit Namen gekennzeichnet sind. Interessanterweise sind die dargestellten Personen nicht mit ihren Namen versehen, während die Namen der Jagdhunde angegeben sind.
In der achtzeiligen Inschrift präsentiert Kai, der als Polizeivorsteher der westlichen Wüste amtierte, sich selbst als einen starken Kämpfer und vortrefflichen Anführer des Heeres. Ikonographisch ließ er sich ebenfalls mit entsprechenden Attributen, mit Bogen und Pfeilen sowie fünf Jagdhunden darstellen, um seinen Beruf im militärischen Umfeld sowohl schriftlich als auch darstellerisch zum Ausdruck zu bringen. Auch wenn diese Stelle im funerären Kontext zu verorten ist, geht es bei der ikonographischen Gestaltung der Stele in erster Linie um die Selbstdarstellung des Kai als vom König gelobter, siegreicher Würdenträger Ägyptens. Darüber hinaus berichtet Kai in der Inschrift über einen Auszug in die westliche Oase, vermutlich die Oase Dachla, um die Sicherheit der Wüstenwege zu wahren. Westlich von Kamula, dem angeblichen Fundort der Stele, kann auch eine antike Wüstenroute vom Niltal in die Oasen Dachla und Charga archäologisch belegt werden. Aus stilistischen und paläographischen Gründen ist die Stele des Kai in die frühe 12. Dynastie, möglicherweise in der Regierungszeit Sesostris‘ I., zu datieren.
(I. Liao)