Ein alter Tontopf, der mit Draht umflochten ist. Es musste erst die Künstlerin Gabriele Wilpers darauf aufmerksam machen, dass es ein besonderes Stück ist. Dass dieses Flickwerk, die Rastelbindung, eine eigene Handwerkskunst war. Nun kam ein Hinweis auf entsprechende Literatur zu dem Thema. Martin Kügler erzählt in seinem Artikel „Die hohe Kunst des Flickens“ von „der Wertschätzung einfacher Gebrauchsgüter, die [heute] aufgrund des überreichen Angebots leicht durch neue ersetzbar sind.“ (Kügeler: Die hohe Kunst des Flickens; in: monatsanzeiger 2/98, S. 6-9).Das Besondere ist also nicht der Tontopf, ein Henkeltopf, der vielleicht als Vorratsgefäß diente und dessen Alter noch nicht näher bestimmt werden konnte, sondern das Bemühen, ihn funktionsfähig zu halten, nachdem er zerborsten war.
Es sollen tausende von Drahtbindern gewesen sein, die im Sommer aus der heutigen Slowakei überwiegend nach Deutschland wanderten um dort solche Reparaturen auszuführen oder beispielsweise Mausefallen zu verkaufen. In Deutschland werden Drahtbinder Mitte des 17. Jahrhunderts erwähnt. Erste Hinweise auf die Drahtbinderei gibt es in der Slowakei 1714. Hundert Jahre später gab es Orte, an denen ein Drittel der männlichen Bevölkerung diesen Beruf ausübte. Die Tätigkeit der wandernden Drahtbinder war verknüpft mit Armut. Die Verhältnisse in der Heimat zwangen sie, ihren Lebensunterhalt anderswo zu suchen. Dort waren sie gezwungen, unter freiem Himmel oder in kargen Herbergen zu übernachten. Hunger, Unterernährung und Krankheiten, wie Tuberkulose, waren unter ihnen verbreitet. Dementsprechend war ihr Erscheinungsbild. In der Bevölkerung wurden sie als „Zigeuner“ oder „Ungarn“ bezeichnet. Als fahrendes Volk, „unehrliche und minderwertige Handwerker“ (wie in Grimms Wörterbuch zu lesen) standen sie ständig unter dem Generalverdacht der Kleinkriminalität. (Mrva: Die slowakische Drahtbinderei; in: Draht. Vom Kettenhemd zum Supraleiter, hrsg. v. Märkischen Kreis, S. 229-245.)
Dieser Henkeltopf besteht aus Steinzeug und wurde außen mit einer braunen Glausur versehen. Diese ist gelbbraun durchbrochen. Innen ist der Henkeltopf ebenfalls gelbbraun gefärbt. Er hat eine leicht bauchige, gedrungene amphorenartige Form. Außerdem verfügt er über einen randständigen, vertikalen Bandhenkel. Der Rand ist gerundet, leicht ausgestellt und hat einen Durchmesser von circa 20 cm. Der Henkeltopf wurde in seiner Nutzungszeit repariert mit Hilfe einer Raspelbindung aus Eisendraht. Es findet sich eine Netzbindung und eine Umfangsbindung unter dem Randwulst, womit auch der Henkel gefestigt wurde.
Alexander Arens