Bei dem zierlichen, für Damen konzipierten Schreibtisch handelt es sich um ein so genanntes Zylinder- oder Rollbureau. Die gerundete Abdeckung in Form eines Viertelzylinders kann zurückgeschoben werden, um die Schreibplatte freizugeben. Die Schreibplatte ist herausziehbar, darunter befinden sich zwei Schubladen. Die zierlichen Beine haben die Form umgedrehter Obelisken. Der Korpus des Möbels entspricht mit seiner klaren Gliederung, seinen geometrischen Formen und geraden Linien ganz dem Geschmack des Frühklassizismus und dem unter König Ludwig XVI. aufkommenden, nach ihm benannten Stil "Louis-seize", der sich durch seine zurückgenommene Formensprache deutlich von Barock und Rokoko absetzte. Das gesamte Möbelstück ist mit reichen Einlegearbeiten aus verschiedenen Hölzern versehen. Geometrische Ornamente zur Gliederung und Rahmung kontrastieren mit lockeren Stillleben: Auf den beiden Schmalseiten sind Blumenvasen mit Papageien und Trophäen mit Musikinstrumenten dargestellt. Der Rollzylinder zeigt ein Quodlibet (eine Art Trompe-l'œil) aus ungeordnet "herumliegender" Spielkarten, dem Aufmacher einer Ausgabe der "Carlsruher Zeitung" und einem Theaterprogramm aus dem Jahr 1789 zu dem Trauerspiel "Alcestes oder Die ungleiche Vaterliebe". Der Sekretär wurde von Nicolaus Camus, einem im elsässischen Wissembourg tätigen Kunstschreiner geschaffen. Der hohe künstlerische Anspruch des Sekretärs spiegelt sich auch im Selbstverständnis seines Herstellers wieder: Camus signierte sein Werk an prominenter Stelle, in dem er "Fait par Nicolaus Camus à Weißembourg" in eine der Karten auf dem Rollzylinder eingravierte. [Wolfgang Leitmeyer, Johanna Kätzel]