Weißgrundige Lekythen zeugen von der Bedeutung des Öles im Bestattungsritual. Feines Öl war ein teurer Luxusartikel, und daher handelt es sich bei diesen Gefäßen manchmal um 'Mogelpackungen', die im Innern häufig kleine Scheinkammern besaßen. So konnte die Ölspende an die Toten auf ein erträgliches und finanzierbares Maß reduziert werden.
Lekythen dieses Typs waren Grabbeigaben und spielten eine wichtige Rolle im griechischen Toten- und Begräbnisritual. Die Vasenbilder zeigen Trauernde, welche Öl zur Totenspende an das Grabmal bringen oder dort Kulthandlungen vollziehen.
Diese Lekythos zeigt eine Szene am Grabmal. Doch erhält dieses Bild durch die Einbeziehung des Verstorbenen in das Totenritual selbst eine besondere Tiefe. Der Verstorbene – der in einen roten Mantel (Himation) gehüllte Jüngling – ist charakterisiert durch den Granatapfel in der rechten Hand, den dunklen Mantel, die geneigte Kopfhaltung und das geflügelte Eidolon, welches seine Seele im Hades darstellt. Das Mädchen rechts neben der Stele, eine noch lebende Verwandte, hält durch die Totenopfer das Gedenken an die Verstorbenen wach. (AVS)