Solche vier-, sechs- oder achteckigen horizontalen Tischuhren, meist in vergoldeten Messinggehäusen, kamen schon im 16. Jahrhundert besonders in Süddeutschland auf. Vor allem im nordostdeutschen Raum behaupteten sie sich fast 100 Jahre lang. Unter anderem in Danzig, Thorn und auch Berlin wurden sie noch in den 1770er Jahren in größerer Anzahl hergestellt. Mit ihrer kompakten Bauweise – anfangs nur mit einem Zeiger und häufig mit Wecker ausgestattet – eigneten sie sich gut als Reiseuhren. Meist besaßen sie ein schützendes, lederbezogenes Etui, das an der Oberseite verglast war, um unterwegs die Zeit ablesen zu können. Die Zifferblätter der älteren Uhren bestanden häufig aus versilberten Zinnreifen, vergoldeten und gravierten Messingplatten oder waren in Champlevé-Technik verziert. Die sechseckige Tischuhr ist mit ihrem Emailzifferblatt eher ungewöhnlich für diese Art Uhren. Eine Demontage des Werkes sowie des Zifferblattes zeigten, dass Wollenweber vermutlich ein altes Uhrwerk mit seiner Signatur und auch mit einem neuen Zifferblatt versehen hat, worauf wiederum seine Signatur zu sehen ist. Die Grundplatte für das Zifferblatt war definitiv für ein anderes bestimmt. Das Uhrwerk ist um 1700 zu datieren. Es besitzt neben dem Vierviertelschlagwerk noch ein Weckwerk, das mit dem Einbringen des Emailzifferblattes nicht in Funktion treten konnte, da hier keine Weckscheibe vorhanden ist. Das Uhrwerk mit seinen floral gravierten Federhäusern, Windfängen und den Hämmern, die als Delphin geformt und graviert sind, passen gut zu Uhrwerken, die viel früher datiert werden, als Wollenweber tätig war. Lediglich das Gehäuse könnte nach 1750 entstanden sein. Das recht gut mit ausgewogenem Schriftzug gearbeitete Emailzifferblatt und auch dessen Größe verweisen auf eine Herstellung um 1770. Wollenweber hat also um 1770 ein altes Uhrwerk mit einem zeitgemäßen Gehäuse und nach seinem Geschmack mit einem Emailzifferblatt kombiniert.
Johann Wollenweber wurde 1714 in der Grafschaft Homburg in der Nähe von Köln als Sohn eines Tischlers geboren. Er erlernte zwischen 1729 und 1734 das Handwerk des Klein-und Großuhrmachers bei Christian Schaepe in Nassau-Siegen. Dort soll er auch an Flöten- und Harfenuhren gearbeitet haben. Er behauptete, der Berliner Kaufmann Dam hätte ihm schon mehrere Uhren abgekauft und nach Polen und Russland verkauft. Sein Sohn lernte 1769 das Uhrmacherhandwerk bei Martinet in Berlin. Als 19-jähriger soll er 1734 von Werbern gewaltsam in die preußische Armee gedrängt worden sein. Er diente dort als Musketier im Regiment des 1758 verstorbenen Prinzen August Wilhelm von Preußen. Von seinem väterlichen Erbteil von 2.000 Talern konnte er sich in Spandau ein eigenes Haus kaufen. 1772 wird er als Ausrangierter und Uhrmacher im 5. Viertel der Potsdamer Neustadt, Mieter beim Brauer Eichborn/Eichebaum in der Waisenstraße, Haus Nr. 736, mit Frau und Tochter und einer weiblichen Bediensteten und 1775 nur noch mit Frau und einer weiblichen Bediensteten erwähnt. Sein Gesuch vom 7. Februar 1768 an den König mit der Bitte um Verleihung eines Privilegs, seine erlernte Uhrmacherprofession auch mit der Haltung von Gesellen und Lehrjungen ausüben zu dürfen, wurde am 25. Januar 1769 durch den König abgelehnt, da er weder einen Lehrbrief nachweisen konnte, noch ein Meisterstück anfertigen wollte. Stattdessen sollte er als Geselle arbeiten. Bestätigt wurde dies am 26. Januar durch die königlich-kurfürstliche Kriegs- und Domänenkammer. Wollenweber musste demnach bereits vor 1768 als Uhrmacher gearbeitet haben, vermutlich also auch während seines preußischen Militärdienstes.
Das Märkische Provinzialmuseum (heute: Stiftung Stadtmuseum Berlin) kaufte diese Uhr 1918 auf einer Auktion bei Lepke (Graf Potocki-Neumann) Kat. 1798, Nr. 827. (Marina de Fümel, Silke Kiesant)