Darstellung/Ikonographie: Das Epitaph ähnelt in seinem Aufbau und seiner Gliederung zahlreichen anderen aus Zittau. Die typische Architekturrahmung ist hier jedoch durch Dekorationen im Ohrmuschelstil bereichert, was die Datierung in die Mitte des 17. Jahrhunderts bestätigt. Aus der Stiftungsinschrift in der Sockelzone geht hervor, dass der Schneider Michael Walter dieses Epitaph am 3. September 1648 aufstellen ließ. Die Mitteltafel zeigt Jesus Christus als Weltenrichter. Der traditionellen Ikonographie folgend, sitzt er auf einem Regenbogen, während er seine Füße auf die Weltkugel legt. Christus ist zudem als der Auferstandene mit Siegesfahne dargestellt. Damit wird auf die Auferstehung Christi verwiesen, die die Erlösung im Jüngsten Gericht begründet. Als Kommentar befindet sich im Architrav ein gereimter Spruch und nicht, wie sonst üblich, ein Bibelzitat. Es handelt sich hier um die erste Strophe des Kirchenlieds „Mit Todsgedanken geh ich um“ des Liederdichters Nikolaus Hermann (um 1500–1561), der als Lehrer und Pfarrer in St. Joachimsthal in Nordböhmen wirkte. Seine Lieder waren in zahlreichen lutherischen Gesangbüchern enthalten und so auch in Zittau bekannt. Auf das Bild bezogen, besagt die Liedzeile, dass der Mensch jederzeit sterben kann. Im Vordergrund des Mittelbilds knien die Mitglieder der Familie Walter. Links sind Michael Walter und zwei Söhne, rechts die Ehefrau Anna und vier Töchter, davon eine jung verstorbene, abgebildet. Im unteren Abschluss befinden sich zwei nachträglich geschaffene Memorialinschriften. Sie erinnern daran, dass Michael Walter 1662 starb, während seine Ehefrau bereits 1653 verstorben war. Der Giebelaufsatz enthält das Wappen der Zittauer Schneiderzunft, drei im Dreieck angeordnete Scheren. Das beigefügte Monogramm MW verweist auf Michael Walter, der laut Inschrift auch Branntweinbrenner war.
Zur Person/Familie: Der Schneider und Bürger Zittaus Michael Walter stammte aus Dohna bei Pirna, wurde 1577 geboren und lebte in der heutigen Bautzner Straße 11. Seine Frau Anna heiratete er 1608. Michael Walter lebte 1577-1662. Seine Ehefrau Anna Walter 1587-1653.
Kommentar: Das nicht sehr große Epitaph ist von gediegener Qualität und zeugt vom hohen künstlerischen Anspruch, den selbst Handwerker stellten (siehe Laußmann). Der Aufbau ist klassisch, aber durch üppigen Dekor bereichert, der sicher aus manieristischen Stichwerken (wie von Cornelis Floris) übernommen wurde. Die raffinierten Effekte der herausragend erhaltenen Farbfassung tragen zum prächtigen Erscheinungsbild des kleinen Kunstwerkes bei. Das Bild, das durch Christus in der strahlenden Glorie im düsteren Wolkenhimmel geprägt wird, erinnert in seiner Wirkung an jenes des Epitaphs für Familie Rittner, wobei vermutlich verschiedene Maler ausführend waren. Die Malerei des Walterschen Epitaphs ähnelt der bestimmter Epitaphien und könnte wie jene wohl auch auf den Zittauer Maler Friedrich Kremsier zurückgehen.
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