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Städtische Museen Zittau Zittauer Epitaphienschatz [23407]
Inschriftenepitaph Schmeiss von Ehrenpreissberg (Städtische Museen Zittau RR-R)
Herkunft/Rechte: Städtische Museen Zittau / Jürgen Matschie (RR-R)
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Inschriftenepitaph Schmeiss von Ehrenpreissberg

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Beschreibung

Darstellung/Ikonographie: Das Epitaph besteht, im Unterschied zu den meisten anderen Epitaphien in Zittau, nicht aus Holz, sondern wurde in einzelnen Stücken aus Bronze gegossen. Der Görlitzer Geschütz- und Glockengießer Joachim Hannibal Brosse (oder Brors) führte diese Arbeiten aus. Er erhielt dafür den sehr hohen Geldbetrag von 828 Talern, 19 Groschen und 9 Pfennigen (Gurlitt 1907, S. 47). Es handelt sich um ein Inschriftenepitaph ohne zentrale Bilddarstellung. Das Mittelfeld enthält eine deutsche Memorialinschrift, geschrieben in Frakturschrift. Es wurde für den 1680 verstorbenen ersten Sohn Johann Friedrich Schmeiß von Ehrenpreißberg und für Melchior Caspar Winckler errichtet, der 1677 in der Klosterkirche begraben wurde. Es erinnert zugleich an den 1691 in einem Feldlager an einer Seuche verstorbenen und in Stuttgart in der Leonhardskirche begrabenen Gustav Friedrich Schmeiß von Ehrenpreißberg und seine 1695 verstorbene Ehefrau Anna Margarethe, geborene Eichler von Auritz. Diese war in erster Ehe mit Melchior Caspar Winckler (1644–1677) verheiratet. Laut Inschrift ließ der zweite Sohn Johann Adolf Schmeiß von Ehrenpreißberg das errichten. Das geschah 1699. Zur feierlichen Weihe verfasste Christian Weise einen Lobgesang. Die Inschrift ist von Wappen umgeben. Oben ist das Wappen der geadelten Familie Schmeiß von Ehrenpreißberg zu sehen, unten das Wappen der Familie seiner Frau, der ebenfalls geadelten Familie Eichler von Auritz. An den Seiten erscheinen sechs weitere Wappen, wohl von Vorfahren. Bisher konnten die drei Wappenschilde auf der linken Seite zweifelsfrei identifiziert werden. Sie gehören der Reihenfolge nach der Familie Heffter aus Zittau sowie der Familien Hübsch (Die Mutter von Melchior Caspar Winckler war eine geborene Hübsch) und Winckler aus Bautzen. Über der Schrifttafel ist ein Schmuckgiebel ausgebildet. Über Giebelansätzen sitzen Engel. Diese halten einen Helm, Schilde (einer mit Gorgoneion) und Handschuhe, mithin militärische Trophäen sowie eine Fanfare. Sie weisen darauf hin, dass Gustav Friedrich Schmeiß von Ehrenpreißberg Obrist in der kursächsischen Armee war. Mit der großen Anzahl an Wappen wollte die Familie ihre vermeintlich edle Abstammung nachweisen. Die Familie führt sich auf den Bautzener Patrizier Georg Schmeiß zurück, der 1645 mit dem Beinamen „von Ehrenpreißberg“ in den erblichen Adelsstand erhoben wurde.
Zur Person/Familie: Anna Margarethe (1642–1695) wurde in Zittau geboren. Sie entstammt dem Geschlecht Eichler von Auritz. 1606 waren die Brüder Martin und David Eichler aus Bautzen mit dem Namen Eichler von Auritz in den Reichsadelsstand erhoben und dabei folgendes Wappen verliehen worden: ein in Gold und Schwarz halbiertes Schild, darauf farblich wechselnd ein schräg gestellter Eichenstamm mit sechs Astansätzen von denen drei mit Eicheln besetzt sind. Während David in Bautzen blieb, ließ sich Martin in Zittau nieder. Durch seine Heirat 1604 mit Anna Schreiber kommt der Bierhof Nr. 74 am Ring in den Besitz der Familie Eichler, das heute als Fürstenherberge bekannte Haus 13 am Markt. In diesem Haus übernachteten die Kurfürsten Christian II., 1621 Johann Georg I., 1655 Johann Georg II. sowie 1617 König Ferdinand II. und 1621 Friedrich V. von der Pfalz, zwei Kontrahenten um die böhmische Krone zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges, auf ihren Huldigungstouren durch die Oberlausitz. 1618 wurde Martin Eichler in den Zittauer Rat gewählt. 1625, 1628, 1629 und 1631 übte er das Amt des Stadtrichters aus. Er war tätig im Tuchhandel mit Nürnberger Kaufleuten, handelte aber auch Gewürze, Öl und andere Spezereien. Ebenso betrieb er den Geldverleih und hat es dabei zu einigem Vermögen gebracht. Martin Eichler starb am 3. Oktober 1633. Sein 1609 geborener Sohn Johann absolvierte bei einem Geschäftspartner, Peller und Viatis in Nürnberg und Breslau, eine Kaufmannsausbildung. Nach 17 Jahren kehrte er nach Zittau zurück, um die Geschäfte des Vaters zu übernehmen. Hier wurde er 1640 in den Rat gewählt und 1657 in die Richterbank aufgenommen. Das Amt des regierenden Stadtrichters hatte er dreimal in den Jahren 1663, 1666 und 1669 inne. Er starb am 11. Januar 1670. Seine einzige Tochter Anna Margarethe heiratete 1664 Melchior Caspar Winckler (1644–1677) auf Oberullersdorf und Sommerau. Winckler stammte aus einer angesehenen Bautzener Familie. Beide Großväter, Winckler wie auch mütterlicherseits Hübsch, waren Bürgermeister in Bautzen. Seine Mutter Anna Sophie heiratete in zweiter Ehe 1651 den zu dieser Zeit regierenden Zittauer Stadtrichter und Witwer Heinrich Heffter (1610–1663). Im selben Jahr erwarb Heffter die Güter Oberullersdorf mit Sommerau von den Töchtern des Erasmus von Gersdorff. Heffter wurde am 20. Oktober 1654 ob seiner Verdienste gemeinsam mit seinem Bruder Christoph von Kaiser Ferdinand III. in den Reichsadelsstand erhoben. Das Wappen zeigt einen aus Wolken links oben ausgestreckten Arm. Die Hand hält einen Anker. Heffters erste Frau Juliane, 1648 verstorben, war die Tochter des Bautzener Ratsherrn und Bürgermeisters sowie Gegenhändlers im Markgraftum Oberlausitz, Heinrich Gärtner. Gärtner wird im zunehmenden Alter in dieser Arbeit von seinem Schwiegersohn Heinrich v. Heffter unterstützt, bis Heffter nach dessen Tod 1661 dieses Amt selbst übernimmt. 1645 in den Zittauer Rat berufen, übernahm er neben seinem Amt als Stadtrichter zweimal die Funktion des Bürgermeisters. Er ließ die seit der Reformation leerstehende Klosterkirche umbauen und renovieren, um sie als zweite Stadtkirche für den evangelischen Gottesdienst nutzen zu können. Unter seiner Ägide erfolgte dabei auch der Umbau des westlichen Anbaus des Refektoriums des Franziskanerklosters, der zwischen 1658 und 1662 den imposanten Renaissancegiebel, der nach ihm benannt wurde, erhielt. Er starb 1663. Caspar Melchior Winckler erbte nach dem Tod der Mutter 1666 den Bierhof auf der Budissiner Gasse (Bautzner Straße 20) sowie die Heffterschen Güter Oberullersdorf und Sommerau. 1654 hatte Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen die Güter von Lehen in Erbe gewandelt. Sowohl Heffter als auch Winckler stifteten Stipendien für Verwandte zur Ausbildung als auch für „fromme und wohlerzogene Stadtkinder aus Zittau und Bautzen“. 1677 starb Caspar Melchior Winckler. Seine Witwe heiratete 1678 Gustav Schmeiß von Ehrenpreißberg (1643–1691; das Geburtsjahr errechnet aus den Angaben in einer Musterungsliste 1682), der einem ursprünglich in Bautzen ansässigen Geschlecht entstammte. 1645 waren die Brüder Johann, sein Vater und Christian Schmeiß von Kaiser Ferdinand III. mit dem Namen „Schmeiß von Ehrenpreißberg“ in den Adelsstand erhoben worden. Sie erhielten ein gevierteiltes Wappen, das unten links einen Bienenkorb, oben rechts einen Berg, darüber Wolken, unten rechts und oben links jeweils einen halben schwarzen Adler mit roter Bewehrung als Zeichen des Reichsadels zeigt. Vater Johann und Großvater Georg Schmeiß waren Kaufleute in Bautzen und Breslau. Gustav Friedrich Schmeiß von Ehrenpreißberg zog die militärische Laufbahn vor. Er diente mehrere Jahre unter verschiedenen Landesherrn bis er sich schließlich 1682 als Wachtmeister in die neugeschaffene sächsische Armee aufnehmen ließ. Er starb am 18. November 1691 auf einem Feldzug im Winterlager in der Nähe von Stuttgart an einer Seuche und fand in der Leonhardskirche in Stuttgart seine letzte Ruhestätte. Seine Witwe Anna Margaretha überlebte ihn nur um vier Jahre. Sie starb 1695 und wurde an der Seite ihres 1680 gestorbenen ersten Sohnes Johannes Friedrich in der Klosterkirche begraben. Die Güter fielen an den zweiten Sohn Johann Adolph Schmeiß von Ehrenpreißberg, der das Epitaph stiftete. Dessen Kinder verkauften 1738 Oberullersdorf mit Sommerau an Johann Ernst von Kyaw.
Kommentar: Das aus Bronze gegossene Epitaph ist in seiner Art heute in Zittau und in der weiteren Umgebung einzigartig. Der Schöpfer ist der aus Reinfeldt (Schleswig-Holstein) stammende Joachim Hannibal Brors (bei Pescheck als Brosse bezeichnet). Brors erhielt in Lübeck 1677–1680 seine Ausbildung. Er war auch in Königsberg in Preußen und in Leutschau (Slowakei) tätig, wo er beachtlich große Glocken schuf (AKL 14, S. 384). Mit den Kosten von 828 Talern dürfte das Epitaph zu den kostspieligsten im Zittauer Bestand gehören. Das hölzerne Mättig-Epitaph in Bautzen kostete bei einer Höhe von ca. 6 m laut Testament 500 Taler (Koch 2013, S. 37). Auch hinsichtlich seiner Ikonographie mit den Darstellungen der Waffen und Rüstungen hebt sich das Werk von allen anderen erhaltenen Zittauer Epitaphien ab (vom aus Schlesien stammenden Prittwitz-Epitaph abgesehen) und zeugt von einem standesbewussten, adeligen Repräsentationsbedürfnis. Die künstlerische Ausarbeitung des Werkes ist herausragend, wie an den fein modellierten Details deutlich wird – siehe nur das expressive Gorgoneion auf dem Schild. Es ist nicht bekannt, wer die Entwürfe für den Glockengießer modellierte. Künstlerisch sind die Skulpturen aber durchaus mit den zeitgenössischen Schnitzwerken der hölzernen Epitaphien vergleichbar (z. B. Epitaph für Juliana Hertzog).

Material/Technik

Bronzeguss / Einzelteile montiert

Maße

Länge
220 cm
Breite
146 cm
Höhe
60 cm

Literatur

  • Knüvener, Peter (Hrsg.) (2018): Epitaphien, Netzwerke, Reformation : Zittau und die Oberlausitz im konfessionellen Zeitalter. Görlitz, Seite 515ff
Städtische Museen Zittau

Objekt aus: Städtische Museen Zittau

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