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Städtische Museen Zittau Zittauer Epitaphienschatz [23397]
Gemäldeepitaph Rudolf Schnitter (Städtische Museen Zittau RR-R)
Herkunft/Rechte: Städtische Museen Zittau / Jürgen Matschie (RR-R)
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Gemäldeepitaph Rudolf Schnitter

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Beschreibung

Darstellung/Ikonographie: Das über drei Meter hohe Epitaph gehört zu den aufwändigsten Epitaphien der Zittauer Frauenkirche. Es wurde 1670 von den Kindern und Schwiegerkindern des zwölf Jahre zuvor verstorbenen Rudolf Schnitter gestiftet und von einem der Söhne, dem Bildhauer Johann Schnitter, angefertigt. Das Epitaph ist eines der letzten Beispiele für das Verwenden einer antikisierenden Architekturrahmung innerhalb des Zittauer Epitaphienbestandes. Wie bei älteren Epitaphien, sind hier eine Sockelzone, das von Säulen eingefasste Mittelbild und ein Architrav gestaltet worden. Über diesem erhebt sich ein gesprengter Giebel, aus dem ein vegetabiles Gebilde hervorwächst. Es enthält ein Medaillon, in dem das Wappen der Familie Schnitter zu sehen ist, ein vierfach geteilter Schild, im Feld 1 und 3 der sichelführende Arm, in Feld 2 ein halber schwarzer Adler mit roter Bewehrung als Zeichen des Reichsadels und in Feld 4 je zwei abwechselnd schwarze und goldene Balken. Die Architekturelemente sind von durchbrochenen geschnitzten Dekorationen im Ohrmuschelstil umgeben. Die Seitenwangen wurden aufgebrochen, um hier auf Konsolen links und rechts je eine vollplastische Frauengestalt aufstellen zu können. Es handelt sich hier um die Allegorien von Glaube und Liebe. Eine dritte Frauengestalt, die Allegorie der Hoffnung, bekrönt den Giebelaufsatz. Somit ist das Epitaph für Rudolf Schnitter das älteste erhaltene Bildwerk innerhalb des Zittauer Epitaphienbestandes, bei dem die Bildaussage durch Skulpturen allegorischen Inhalts unterstrichen wird. Das Mittelbild zeigt Christus am Kreuz. Darunter knien Rudolf Schnitter, seine erste Ehefrau Anna, geborene Zentner, und seine zweite Ehefrau Helena, geborene Heinrich. Es überrascht, dass die Kinder nicht dargestellt wurden, Rudolf Schnitter hatte aus zwei Ehen 14 Kinder, wie die Memorialinschrift in der Sockelzone berichtet. Weiterhin fällt auf, dass eine eigenständige Schrifttafel mit einem Bibelzitat fehlt. Eine solche Kommentierung durch einen Bibeltext oder ein Kirchenlied war bisher ein unverzichtbarer Bestandteil eines Epitaphs gewesen. Damit wird deutlich, dass das Epitaph für Rudolf Schnitter den Übergang zu einer neuen, jüngeren Gruppe von Grabdenkmälern markiert. Der untere Abschluss enthält die Stiftungsinschrift. Aus ihr geht hervor, dass das Epitaph von den Söhnen Andreas, Daniel, Johann und Albert Schnitter sowie von den Schwiegersöhnen Christoph Nießner, Johann Kießling und Johann Friedrich Winckler gestiftet wurde.
Zur Person/Familie: Rudolf Schnitter entstammte dem älteren Zittauer Zweig der Familie Schnitter. Er ist der Sohn von Matthäus Schnitter (um 1550–1604), dem älteren Bruder von Georg Schnitter, der ebenfalls nach Zittau eingeheiratet hatte und dort einen Bierhof auf der Bautzener Gasse besaß. Rudolf Schnitter heiratete 1617 Anna Centner / Zentner, die Tochter des Bierhofbesitzers und angesehenen Zittauer Bürgers Andreas Centner. Ihre Mutter war Elisabeth Rodochs, womit Rudolf Schnitter ebenfalls in ein weitreichendes Familiennetzwerk einheiratete (siehe auch das Epitaph Denicke mit einer Ehefrau aus der Familie Rodochs). Nach dem Tod seiner Ehefrau heiratete er 1635 ein zweites Mal. Helena Heinrich war die Tochter des Feldapothekers Johann Heinrich. Schnitter war vermutlich als Kaufmann aktiv. Er besaß den Bierhof in der Webergasse (Innere Weberstraße 12) sowie ein Grundstück in der Neustadt (Frauenstraße 21), und eine Scheune im Böhmischen Viertel. Außerdem hat er wohl auch vorübergehend das Grundstück Neustadt 26 besessen. Er starb am 20. März 1658.
Kommentar: Das Epitaph sticht durch verschiedene Aspekte aus dem Zittauer Bestand heraus. Es finden sich ungewöhnliche Fassungsdetails wie die eingelegten und rückseitig vergoldeten Gläser. Bemerkenswert sich die in den Proportionen manieristisch übersteigerten Tugendgestalten mit den schmalen, fast karikaturhaften Gesichtern. Auch die Gestalt der Schnitzereien, die besonders zierlich und dabei auffällig amorph sind, unterscheidet sich deutlich von den anderen Epitaphien ähnlicher Zeitstellung, besonders der Bahns-Werkstatt (z. B. das Epitaph Georg Schnitter). Weitere Werke lassen sich ihm bislang nicht zuordnen. Das ist merkwürdig, wird der Schöpfer, also Rudolfs Sohn Johann als „Bürger“ bezeichnet, dürfte also in Zittau ansässig gewesen sein. Auch die Malerei steht für sich, wenngleich die Handschrift Friedrich Kremsiers ähnlich ist. Bemerkenswert ist die Ausführung des Epitaphs zwölf Jahre nach dem Tod Rudolfs. Das legt den Gedanken nahe, dass hier eine testamentarische Verfügung ausgeführt sein könnte

Material/Technik

Holz mit farbiger Fassung / Blattmetallziertechniken: Vergoldung Ziertechniken Malerei: rote und schwarze Marmorierung, Stricheltechnik, graue und grüne monochrome Fläche Plastische Ziertechniken: Pappmaché (?), Glas mit Vergoldung und Steinimitat

Maße

Länge
345 cm
Breite
140 cm
Höhe
26 cm

Literatur

  • Knüvener, Peter (Hrsg.) (2018): Epitaphien, Netzwerke, Reformation : Zittau und die Oberlausitz im konfessionellen Zeitalter. Görlitz, Seite 487f
Städtische Museen Zittau

Objekt aus: Städtische Museen Zittau

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