Porträt von August Hermann Francke. Der deutsche Gelehrte wird hier als Halbfigur im Dreiviertelprofil nach links an einem Tisch sitzend dargestellt. Er trägt einen schlichten Talar mit Beffchen, dazu eine Haube auf dem Kopf. Ob er Perücke trägt oder nicht, geht nicht aus dem Stich hervor. Seine rechte Hand hat er auf die Brust gelegt, die linke Hand ruht in einem Buch auf dem Tisch. Um die zuvor gelesene Seite wieder zu finden, verwendet Francke Finger seiner linken Hand als "Lesezeichen". Rechts im Hintergrund ist ein Vorhang zu sehen, der links den Blick auf ein Bücherregal mit wertvollen Bänden freigibt.
August Hermann Francke richtete im Jahre 1698 ein Waisenhaus mit angeschlossener Armenschule in Halle/Saale ein. Diese Ausbildungsstätte für mittellose Kinder entwickelte sich zu einem bedeutenden Schulkomplex und erhielt später den Namen "Franckesche Stiftungen". Georg Friedrich Händel erlebte die Gründung und außergewöhnliche Entwicklung der Franckeschen Stiftungen mit. Möglicherweise beeindruckte den halleschen Komponisten die fortschrittliche Einrichtung, denn in London unterstützte Händel das 1741 gegründete Waisenhaus "Foundling Hospital" großzügig.
Da nur das Geburtsdatum Franckes in der Beschriftung genannt wird, ist das Bildnis noch höchstwahrscheinlich zu seinen Lebzeiten entstanden. Außerdem existiert zu diesem Stich eine Variante in der Stiftung Händel-Haus von Johann Georg Wolfgang, vermutlich um 1729 entstanden, mit dem Vermerk des Sterbedatums des Dargestellten (Vgl. BS-III 271). Also war das vorliegende Blatt vermutlich die Vorlage für Wolfgang. Die Universitätsbibliothek Heidelberg besitzt ein beschnittenes Blatt des vorliegenden Stichs und schätzt die Entstehung auf 1724, was die Vermutungen hier bestätigen würde.
Signatur: Uhlich sc.
Beschriftung: Augustus Hermannus Franckius, S. Theologiae Profess: Ordinarius in Academ: Hallensi, ibidem Ad D. Ulrici Pastor et Gynasii Scholarcha, item que Paedagogii Regii et Orphanotrophei Glauchensis Director. Aetatis LXI. natus Lubecae anna 1663. d. 12.mo Martii St. V.
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