Das Ölgemälde "Die Lesenden" aus dem Jahr 1933 von Peter Krisam zeigt zwei Frauen an einem Tisch sitzend mit Büchern. Eine sitzende Frau mit dunklem kurzen Haar in der linken Bildhälfte trägt eine weiße Bluse mit orangener Jacke. Ihr Kopf ist nach unten geneigt, sie hat ein Buch im Schoß und ist im Lesen versunken. Eine weitere Frau ist in der rechten Bildhälfte zu sehen. Sie trägt ein blaues Sommerkleid mit rotem Gürtel und stützt den linken Arm auf den runden Tisch, der in Aufsicht gemalt ist. Vor ihr auf dem Tisch mit Tischdecke liegen zwei Bücher. Die junge Frau blickt nachdenklich-verträumt zur Seite aus dem Bild heraus. Im Hintergrund ist ein Raum angedeutet, wobei das Mauerwerk auf der rechten Bildhälfte mit schnellen Pinselstrichen nur angedeutet ist. Kräftige Komplementärfarben, dicker Farbauftrag und Farbflächen machen den Duktus von Peter Krisams Arbeiten aus. Die schwarzen Umrisslinien und dunklen Schattierungen lassen Tiefenräumlichkeit und Falten in der Kleidung entstehen und erinnern an die Malweise Max Beckmanns.
Peter Krisam gehört zur Generation des sogenannten "Expressiven Realismus". Paul Ferdinand Schmidt spricht im Gegensatz zum neuaufgekommen Begriff "Neue Sachlichkeit" von einer "neuen Unsachlichkeit". Gemeint war damit die Verbindung aller künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten der Moderne mit den individuell grenzenlosen Möglichkeiten, die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges, der Weimarer Republik und des Faschismus im Kunstwerk zu verarbeiten. Die Farbe vermittelt im vielleicht erst heute sichtbaren Kontrast zwischen Frühwerk und Spätwerk Peter Krisams. Seine kultivierte, an der französischen Moderne geschulten Koloristik und die feine, mediterran wirkende Flächigkeit seiner Bilder verbinden die Schaffensphasen, verleihen einem Teil der Werke - auch den topographischen Ansichten - eine außerordentliche Poesie.
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