"Können Sie sich noch dran erinnern, wie Sie den ersten Tag vor der Klasse standen?"
"Ja, erst mal hab ich reingeschaut in den Klassenraum. Der ist ein bisschen größer als dieser Raum aber nicht so hoch. Da waren wohl 6 Fenster drin und ein alter Ofen. Als ich das anschaute, kam ein alter Mann, das war der Herr Kühne. Der war über 90 so ein großer Mensch. Der sagte: „Herr Kanter, Sie wundern sich, was ich hier will. Ich will nur mal gucken, ob das noch so ist. Ja“ sagt er „Der Ofen, als ich noch zur Schule ging, war der schon alt.“ Naja und die Möbel entsprechend auch. Dann waren 4 Jahrgänge, immer 4 Bänke, darüber auch 4 Bänke – Viersitzer-Bänke – 1. Jahrgang vorn 8 Schüler und dann so weiter. Nun hatten wir aber keine Methodik für Lesen lernen; gar nichts. Ich wunder mich heute noch, dass die Lesen gelernt haben, damals in der 1. Klasse.
Einschulung, da seh ich noch den alten Vater Schmied, der brachte seinen Sohn, nein seinen Enkel zur Schule, der Sohn war gefallen. Also ich war gerührt, wie der alte Mann so gerade mit dem Enkel zur Schule ging, in anmeldete. Ich denke: Mann Gottes, wenn das der Vater sehen würde heute hier. Die Mutter blieb zuhause; da waren zwei Kinder: Die Gerdi, die war nachher Sekretärin in Lemsdorf an der Schule und hat mir auch erzählt unterwegs was sie alles erlebt hatte – aber das führt zu weit. Und dann ging das los, Fibeln – naja Fibeln hatten wir. Ich wusste aber keine Methode, wie man das so macht.
Wenn ich mittwochs weggewesen war zu Weiterbildung, dann hab ich geschaut, was der Vater Jeschke am Mittwoch gemacht hatte. Ich konnte manches nicht lesen und hab mich dann auch geniert nun mal zu fragen, wie das heißt. Da waren so drei Buchstaben, das hieß dgl. = desgleichen. Dann wieder ein Gedicht, ein Lesestück, das war sehr nett. Und dann hat er bei mir hospitiert – nicht viel ein paar Stunden, er bräuchte gar nicht so viel, aber er hat sich dann auch gewärmt in der Schule, dort wurde doch geheizt."
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