Sütterlin Lesekasten 215
Der hier vorliegende Lesekasten trägt die Aufschrift: „Sütterlin-Lesekasten; Ausgangsschrift von Ludwig Sütterlin; Nachdruck verboten; Verlag Albrecht-Dürer-Haus; Berlin W 8 [Postamt in der Französischen Straße] Kronenstr. 18; gedruckt bei Ernst Vetter Lesekasten-Verlag; Kieritzsch bey Leipzig“. Bei einem Lesekasten handelt es sich um ein Lehrmittel, das im Zuge der Reformpädagogik im 18. Jahrhundert Einzug in die deutschen Schulen erhalten hat. Die Idee dieses didaktischen Instruments basiert auf der Phonem-Graphem-Korrespondenz, also der Passung von gesprochenen Lauten und geschriebenen Zeichen. Dementsprechend konnte die Lehrkraft ein Wort aussprechen, was dann von den Schülerinnen und Schülern mit den ca. 2 x 1 cm großen Kärtchen, die mit den Buchstaben des Alphabets sowie anderen Lauten wie Doppellauten bedruckt sind, gelegt wurde. Die eine Seite der Kärtchen ist in Druckschrift bedruckt und die andere in Sütterlin.
Da es jedoch Differenzen zwischen Aussprache und Schriftweise gibt (z. B. die Auslautverhärtung; es wird „Hand“ geschrieben, aber gesprochen), kam in der Nachkriegszeit immer mehr Kritik an der Regel „Schreib so, wie du sprichst“ in der Sprachdidaktik auf. Unter anderem deshalb sind die Lesekästen aus den Schulen zunehmend verschwunden, die Idee lebt jedoch beispielsweise in Anlauttabellen (I wie Igel) weiter.
Sütterlin wurde zwar bereits 1915 in Preußen eingeführt, erhielt jedoch in den anderen Teilen der Weimarer Republik erst in den 1920er Jahren Einzug. Da Kieritzsch als Herstellungsort Teil des Freistaats Sachsen (und nicht der preußischen Provinz) war ist dementsprechend eine Herstellung vor 1920 unwahrscheinlich. Von 1935 bis 1941 war die „Deutsche Volksschrift“ Teil des allgemeinen Lehrplans, welche sich nur leicht von der Sütterlinschrift durch eine Schräglage in Schreibrichtung und weniger Rundungen unterschied. Da die Schrift hier keine Schräglage aufweist, ist eine Herstellung nach der Einführung der „Deutschen Volksschrift“ eher unwahrscheinlich.
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