Die Blüte der Elfenbeinschnitzkunst in Paris dauerte bis ins frühe 15. Jahrhundert fort. Bei dem Madonnen-Tabernakel handelt es sich um einen besonders preziös gestalteten Andachtsgegenstand. Eine Architekturform, die zur Präsentation großer Heiligen-, vor allem Muttergottesfiguren diente und auch auf Altartischen vorzufinden war, ist hier ins Miniaturhafte umgesetzt. Die Flügel, mit denen sich der Tabernakel ringsum verschließen lässt, zeigen Szenen aus dem Marienleben und der Kindheitsgeschichte Jesu. Die frontal dargebotene Madonnengestalt, verhüllt durch das flächig ausgebreitete Manteltuch, wiederholt einen Bildtypus, der in der Kathedralskulptur wie auch an großformatigen Einzelfiguren seit etwa 1300 anzutreffen ist. Im Marienantlitz mit den fein geschlitzten Lidspalten knüpft der Schnitzer an den höfischen Stil der Zeit Ludwigs des Heiligen an.
Entstehungsort stilistisch: Paris
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