Bei dieser Skulptur handelt es sich um eine sehr genaue Nachbildung der hochgotischen Katharinenfigur in der Kollegiatskirche Saint-Pierre-et-Guidon in Anderlecht bei Brüssel. Die Skulptur muss nicht unbedingt als Fälschung für den Kunstmarkt, sondern könnte auch als Ausstattungsstück einer Kirche geschaffen worden sein. Im 19. Jahrhundert hat man viele der in der Französischen Revolution leer geräumten belgischen Kirchen mit neugotischen Werken gefüllt, die mehr oder weniger eng einige bedeutende Skulpturen des Landes wiederholten. Das gesenkte Haupt der Berliner Figur, eine Erfindung des Bildhauers des 19. Jahrhunderts, deutet auf eine erhöhte Aufstellung, vielleicht als Einzelfigur auf einem Altar. Die Beschädigungen könnten auf die in Brabant besonders verheerenden Zerstörungen im Ersten Weltkrieg zurückgehen.
(Auszug aus: Tobias Kunz, Bildwerke nördlich der Alpen. 1050 bis 1380. Kritischer Bestandskatalog der Berliner Skulpturensammlung, Petersberg, Michael Imhof Verlag 2014)
Entstehungsort stilistisch: Brabant
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