Das im Grundriss etwas über halbrund ausgearbeitete, kelchförmige Kapitell war an der Rückseite in eine Wand eingelassen. Nach oben schließt eine runde, glattrandige Deckplatte ab, der nur noch an der rechten Seite original erhaltene Halsring ist regelmäßig gerundet. Über dem relativ gut erkennbaren, gerundeten Kapitellkörper legt sich ein Rankenornament wie eine zweite Schicht, die sich infolge des Fehlens von Voluten und Deckplattenknäufen teppichartig entfalten kann. Es ist in der Mitte gespiegelt und zeigt an der Kapitellfront einen breiten Rankenstrang, der sich nach oben hin spaltet und zu beiden Seiten hin jeweils eine Spirale bildet, die in mehreren Verzweigungen nach innen gedreht ist.
Für die ursprüngliche Aufstellung in einem geschützten Innenraum spricht der gute Erhaltungszustand. Größe und Form des Kapitells schließt einen Kirchenraum eigentlich aus. Diskutiert wurden St. Pantaleon und St. Gereon in Köln als ursprüngliche Aufstellungsorte. Beide Klausurkomplexe sind in den 1810er-Jahren abgerissen worden und nur unzureichend dokumentiert. Aus den Quellen lassen sich aber für St. Pantaleon keine größeren und anspruchsvollen Baumaßnahmen in der Zeit um 1200 nachweisen, wohl aber für St. Gereon.
Verbunden wurde dieses und einige andere Kapitelle mit dem sogenannten Samsonmeister – eine Bezeichnung, unter der man inzwischen eine größere Gruppe von Skulpturen in Köln, am Nieder- und Mittelrhein versteht, die von einer, wenn nicht mehreren Werkstätten ausgeführt wurden. Charakteristika der zahlreichen nichtfigürlichen Werke dieser Gruppe sind eine starke Plastizität der Einzelformen bei oftmals tiefen Aushöhlungen, eine variationsreiche Verwendung von Feinornamentik wie Bohrungen und Diamantierungen sowie ein souveräner Umgang mit der Gesamtkomposition, der bei aller Bewegung und Verschränkung den Verlauf der einzelnen Formen stets nachvollziehbar bleiben lässt. Auf Einflüsse der Goldschmiedekunst und aus Nordfrankreich hat die Forschung häufig hingewiesen. Die Rankenkompositionen dieses Kapitells gehören zu den fantasievollsten der Gruppe. Unmittelbare stilistische und motivische Voraussetzungen liegen in der Skulptur des Westbaus von St. Georg in Köln. Für diese gibt es konkrete Anhaltspunkte, die zuletzt zu einer Datierung der Kapitelle vor 1192 (Untergeschoss) bzw. um 1200 (inneres Obergeschoss) geführt haben. Diese Zeitspanne, also im Wesentlichen die 1190er-Jahre, ist als wahrscheinlichste Entstehungszeit anzunehmen.
(Auszug aus: Tobias Kunz, Bildwerke nördlich der Alpen. 1050 bis 1380. Kritischer Bestandskatalog der Berliner Skulpturensammlung, Petersberg, Michael Imhof Verlag 2014)
Entstehungsort stilistisch: Köln
Historischer Standort: Sankt Gereon?
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