Der Privatgelehrte und leidenschaftliche Sammler Carl Eduard von Liphart (1808–1891), von Beruf Arzt, hatte sich im Jahr 1863 mit seiner Familie endgültig in Florenz niedergelassen. Sein Haus in der Via Romana stand Künstlern und Kennern jederzeit offen – Wilhelm Bode, der spätere Direktor der Berliner Gemälde- und Skulpturensammlung, war hier seit 1871 ein gern gesehener Gast, tauschte sich mit Liphart über die italienische Kunst aus und beriet sich mit ihm gelegentlich über Ankäufe. Lenbach lernte Liphart bereits im Jahr 1865 durch Vermittlung seines Mäzens Adolf Friedrich von Schack (1815–1894) kennen und wurde von Liphart sogleich in die dortige Gesellschaft eingeführt. Auch der Kontakt zur Großfürstin Maria Nikolajewna von Rußland, die Lenbach alsbald porträtierte, kam durch Liphart zustande. Mit ihm und seinem Sohn Ernst (1847–1932), ebenfalls Maler, diskutierte Lenbach über die Historienmalerei und dürfte hierbei die ersten Anregungen für sein späteres Konzept des Rollenporträts empfangen haben. So malte Lenbach in den 1860er Jahren in dem Bild »Flucht nach Ägypten« (Städtische Galerie im Lenbachhaus, München) den heiligen Joseph mit den Gesichtszügen Lipharts. Daneben entstanden zahlreiche weitere Porträts Lipharts, zumeist im Profil oder wie hier in Dreiviertelansicht, jedoch stets im Anzug und mit schwarzer Kippa. – Vgl. auch die später entstandenen Rollenporträts von Hermann Levi (Nationalgalerie, A I 764 und A I 762). | Regina Freyberger
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