Sechs Jahre nachdem der Maler und Direktor der Gemäldegalerie Julius Hübner 76jährig in Dresden gestorben war, erwarb die Nationalgalerie 1888 aus dem Besitz der Erben des Künstlers das großformatige, dem Spätwerk zuzuordnende Gemälde »Magdalena am Leichnam Christi«. Das Bild war, da es im Nachlaß verblieb, offenbar kein Auftragswerk und hatte wohl zu Lebzeiten des Künstlers auch keinen Käufer gefunden. Hübner hatte seit Ende der 1820er Jahre für seine spätromantischen Historienbilder häufig biblische Themen gewählt, etwa »Boas und Ruth« (1828, ehemals Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Potsdam, Kriegsverlust), »Ruth und Naemi« (1831, Nationalgalerie, Inv.-Nr. A II 832) oder »Hiob mit seinen Freunden« (1836/38, Städel Museum, Frankfurt am Main). Wie in anderen Kompositionen Hübners besitzt auch hier die weibliche Hauptfigur eine beeindruckende Präsenz. Langes rötliches Haar fließt über die entblößten Schultern der trauernden Maria Magdalena. Die Hände ringend kniet sie neben dem Leichnam Christi und blickt verzweifelt in das Gesicht des Toten, der entspannt auf einem weißen Tuch liegt, als würde er schlafen. Die Spuren seines Martyriums sind zurückgenommen, die Wunden kaum zu erkennen. Seit 1853 bereitete Hübner das Werk mit mehreren Zeichnungen vor; 1857 entstand die Studie eines mit einem Lendentuch bekleideten schlafenden jungen Mannes (Auktion Bassenge 2010). Das repräsentative Gemälde wurde auf mehreren Ausstellungen in Dresden, Düsseldorf, Berlin, Köln und Brüssel sowie auf der Weltausstellung in Paris 1867 gezeigt. | Birgit Verwiebe
de