Dank seiner graphischen Tätigkeit frei von Vorurteilen gegen jede Art von Gelegenheitsarbeiten, malte Menzel mit der ihm eigenen Hingabe auch eine Schießscheibe – eine der ersten Arbeiten in Ölfarben nach der 1843 beendeten Malpause. Die Gelegenheit ergab sich während der Schlesienreise 1844 in Liegnitz (Legnica). »In der That«, schrieb er viel später dem Besitzer des inzwischen restaurierten Bildes, »habe ich damals anfangs der vierziger Jahre zu einem Festschießen jenes Vereins, dessen geladener Ehrengast ich wiederholt war, jenes von Ihnen geschilderte Scheibenbild gestiftet. Eine Sehnsucht dasselbe wiederzusehen – verspüre ich nicht in mir, wünschte gegentheils daß jener Verein – was mir auch nicht mehr erinnerlich – recht viele gute Schützen unter den Seinigen gezählt, die das Opus in Rede mit recht vielen Kugelspuren geschmückt haben mögen!« (Menzel an Amtsrichter H. Paasche, 13.5.1887, SMB-ZA, Menzel-Archiv, Mappe XI, Nr. 13). Bei dieser Gelegenheit soll der Achtundzwanzigjährige, der kurz zuvor für Kuglers »Geschichte Friedrichs des Großen« (1840–1842) in der Luft kämpfende Adler gezeichnet hatte, den Vogelflug gründlicher studiert haben und konnte nun den Falken während einer scharfen Wendung zeigen, bei welcher der gespreizte Schwanz als Ruder dient. Erinnerungen an Rubens und wohl auch an Rembrandt – dessen »Ganymed« er 1840 in Dresden gesehen hatte – ermutigten ihn, das phantastische Schauspiel vor dem Gewitterhimmel mit virtuoser Handschrift zu schildern: Die Farbe ist hier immateriell dünn, da pastos, bisweilen nur mit den Spitzen der Pinselborsten aufgetragen, anderswo – etwa in dem weichen Gefieder des Taubenkopfes – von zärtlicher Anschmiegsamkeit. | Claude Keisch
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