Mit der Ballade »Ritter Kurts Brautfahrt« von Goethe (erschienen 1804) hatte sich Schwind schon um 1830 befaßt, wie eine Radierung nach Schwind nur der Marktszene des Vordergrundes von 1832 beweist (Münchner Stadtmuseum). 1835 in Rom nahm er das Thema erneut auf. Es entstanden mehrere Gesamtentwürfe der nunmehr umfänglicheren Komposition mit Fassaden einer mittelalterlichen Stadt und einer hochgelegenen Burg im Hintergrund. Hier entschied sich Schwind zudem für einen bedeutungssteigernden halbrunden Abschluß der Komposition.
Unter diesem Bogen aber geschieht, wie bei Goethe ausgeführt, ernüchternd Prosaisches: Ritter Kurt, der für seine Hochzeitsvorbereitungen die Burg verläßt, in die bereits das Brautbett hineingetragen wird, gerät im Mittelgrund links in Streit mit einem Widersacher (Strophe 1–2). Rechts nähert sich ihm eine ehemalige Geliebte mit Kind und eigenen Forderungen (Strophe 3). In der Hauptszene auf dem Markt überwältigt ihn endgültig die Banalität des Lebens. Als er einen kostbaren Stoff zum Brautgeschenk erwirbt, nähern sich ihm die Gläubiger, ein Advokat ruft Soldaten zur Verhaftung des Ritters herbei. Die am Arm des Vaters sich nähernde Braut fällt in Ohnmacht, als sie die Verstrickungen und die Machtlosigkeit ihres Ritters erkennen muß. »Widersacher, Weiber, Schulden, / Ach! Kein Ritter wird sie los« endet die Ballade über den Gegensatz von hochgestimmtem Rittertum und den Tücken des biedermeierlichen Alltags. Das wie ein Bilderbogen mit vielen Szenen dicht gefüllte Bild ist fein und sehr klein auf eine Zinkplatte gemalt. In das von 1837 bis 1839 groß ausgeführte Bild (ehemals Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, 1931 im Münchner Glaspalast verbrannt) fügte Schwind rechts noch Porträts diverser Freunde und Künstlerkollegen ein.
Als Gegenbild zur prosaischen Gegenwart hatte die Romantik ein heroisches Mittelalter idealisiert. Und nicht nur Goethe und Schwind, auch zum Beispiel den Philosophen Hegel beschäftigte dieses Modell. | Angelika Wesenberg
de