Theodor Hosemann war, so resümierte der Kunstschriftsteller Adolf Rosenberg 1879, für einige Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts das, was Daniel Chodowiecki für das ausgehende 18. Jahrhundert gewesen war: »ein beredter, scharf blickender Sittenschilderer« (A. Rosenberg, Die Berliner Malerschule, Berlin 1879, S. 174). Wie Menzel wanderte er mit Zeichenstift und Skizzenblock durch die Stadt und hielt das vormärzliche Berlin fest, »welches noch alle Eigenthümlichkeit der krähwinklichen Kleinstädterei mit dem erwachenden trotzigen, aber doch noch komischen Selbstbewusstsein der werdenden Grossstadt vereinigt« (Rosenberg, ebd., S. 173). Das 1836 entstandene Bild »Tanzvergnügen« zeigt Hosemanns feinen Sinn für Humor. Das Paar, das in einem Ballhaus (möglicherweise in der Berliner Dorotheenstraße) das Tanzbein schwingt, ist ins Typenhafte zugespitzt: Sie, in modisch weißem Kleid mit geröteten Wangen und rundlicher Fülle des Körpers, ist der Inbegriff blühenden Lebens; er, mit dem Rücken zum Betrachter, ist dagegen eine spillerige Gestalt mit spindeldürren Beinen, dazu gut zwei Köpfe größer als sie und gekleidet in einen alten Frack. Ungleicher könnte das Paar nicht sein, und so ergibt sich eine harmlose Satire; ins Karikatureske hat der Künstler seine Darstellungen des Berliner Lebens nie gesteigert. | Regina Freyberger
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