Ein junger Mann mit Hut und Stock, ein Hirte offenbar, zeigt sich rücklings dem Betrachter, sein Blick scheint in die Ferne zu schweifen, sein Strohhut leuchtet in hellem Gelb. Ein Rind, schwarz-weiß im Fell, steht nah davor, sein Kopf erstrahlt im hellen Licht; fast scheint es, als schmiegten sich die beiden vertraut und zärtlich aneinander. Kaum dringt die Hitze durch die Bäume, nur wenig flirrt das Mittagslicht durch das dichte Grün und reflektiert als Blau im Schwarz des Felles. Sonnenstrahlen auf der Rinderhaut, gebrochen durch das Obstbaumlaub: Nichts weniger als das künstlerische Lebensthema Heinrich von Zügels manifestiert sich in diesem stillen Gemälde. Neben Kühen waren Schafe, Schweine, Pferde oder Esel seine bevorzugten Modelle, stets in malerische Licht- und Schattenspiele eingetaucht. Der Mensch indessen steht bei Zügel meist im Hintergrund. Gemeinsam mit seiner großen Schülerschar war der Hauptvertreter des Münchner Impressionismus Jahr für Jahr ins Grüne aufgebrochen, oft nach Wörth am Rhein, wo besonders schöne Rinder gegen Geld gemietet und auf Aberhunderten von Gemälden auch verewigt wurden. Was leicht und luftig aussehen sollte, war indessen hart erkämpft. Zügel galt als strenger Lehrer, der seinen Schülern im Freien wie in seinem imposanten Glaskasten-Atelier an der Münchner Kunstakademie seine Malmethoden nahebrachte, insbesondere den Aufbau aller Formen aus sich selbst heraus. Nie von außen herumfahren, war das Motto seiner Lehre. Zu seinen bekanntesten Studenten zählen Otto Dill sowie sein Sohn Willy Zügel und sein Schwiegersohn Emanuel Hegenbarth. | Philipp Demandt
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