Wir sehen rechts am Bildrand die schöne, nahezu unbekleidete Pandora mit der berühmten Büchse, links den in Liebe entflammten Epimetheus und dessen Bruder Prometheus, der ihn vergeblich von der Annahme des verhängnisvollen Geschenks abzuhalten versucht. Nach Hesiod ließ Zeus aus Zorn darüber, daß Prometheus den Menschen das Feuer gebracht hatte, Pandora formen: Aphrodite verlieh ihr den Liebreiz, Athene die Kunstfertigkeit, Hermes, der hier im Hintergrund an einem Baum lehnt, die Schläue. So trat Pandora dem Epimetheus entgegen, der verblendet die Büchse öffnete und damit die verschiedenen Plagen, die sie enthielt, auf die Menschheit losließ. Die Hoffnung, als einzig gute Gabe, entwich erst bei einem erneuten Öffnen der Büchse.
Das monumentale Bild des heute eher unbekannten Malers war ein Auftragswerk der Nationalgalerie. Es entstand in einer Phase großen Interesses an der Kunst der Deutschrömer seitens des Direktors Max Jordan und in Hinblick auf das 1876 eröffnete neue, prächtige Gebäude auf der Museumsinsel. In relativ kurzem zeitlichen Abstand gelangten damals große Werke ganz unterschiedlicher Qualität in die Galerie: darunter Arnold Böcklins »Gefilde der Seligen« (Ankauf nach Bestellung 1877 für 15.000 Mark, Kriegsverlust) und Anselm Feuerbachs »Das Gastmahl« (Ankauf 1878 für 20.000 Mark, Inv.-Nr. A I 279). Hermann Julius Schlösser erhielt nach Vorlage einer Skizze 1875 den Auftrag zur Ausführung, Ende Mai 1878 stellte er das Bild in Rom fertig. Es wurde für den Kaufpreis von 25.000 Mark erworben (vgl. SMB-ZA, I/NG 1929). Max Jordan beschrieb das Bild erstmals im Nachtrag des Galerieführers von 1879 unter der Nummer 460 (vgl. Nachtrag zur vierten Auflage des Katalogs der National-Galerie, Berlin 1879, S. 14), ab dem ersten Katalog unter der Leitung Hugo von Tschudis 1908 wird das Werk in den Katalogen nicht mehr aufgeführt. | Angelika Wesenberg
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