Das skizzenhafte Porträt einer alten Frau ist das einzige durch die Nationalgalerie erworbene Bild Eibls, die übrigen sind durch Vermächtnis des Künstlers in die Sammlung gekommen. Es zeigt deutliche Stilmerkmale der Diez-Schule. Besonders beliebte Motive in diesem Kreis waren Halskrausen und Spitzenkragen; diese wurden aus Interesse an holländischen und spanischen Bildnissen des 17. Jahrhunderts in die moderne Bildnismalerei (und später auch in die reale Mode) übernommen. Wichtig für diese Porträtstudie wie für die Münchner Kunst dieser Phase überhaupt war die erste Internationale Kunstausstellung München 1869, in deren Historischer Abteilung auch fünf Werke von Frans Hals zu sehen waren; sie begeisterten die Maler durch ihre sehr spontane Pinselführung. Bevorzugtes Interesse fand die »Malle Babbe« (1633/35, Gemäldegalerie Berlin), das expressive Bildnis einer alten Frau mit Halskrause, Bierkrug und einer Eule auf der Schulter, das besonders häufig kopiert und nachgeahmt wurde. Bei Eibls Studie könnte beispielsweise der unmotivierte Farbschlenker auf der linken Schulter von der Asymmetrie der »Malle Babbe« angeregt sein.
Bildnisse von alten Frauen und Kindern waren im Diez-Kreis ein bevorzugtes Sujet, da sie starken Ausdruck und malerische Freizügigkeit bei gleichzeitiger Indifferenz der Persönlichkeit gegenüber erlaubten. | Angelika Wesenberg
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