Eigentümerin der „Kakteendame“ war Pina Bassermann (Lebensdaten unbekannt), die Frau des Verlegers Dieter Bassermann. Gramatté hatte sie 1918 kennengelernt, im Entstehungsjahr des Bildnisses, und war eine kurze, leidenschaftliche Beziehung mit ihr eingegangen. Vermutlich diente sie ihm als Modell, wenngleich die Dargestellte nicht wie eine Geliebte wirkt. Doch auch in späteren Gemälden, die seine Frau Sonia zeigen, inszenierte Gramatté selten Sinnlichkeit oder Erotik. Das Porträt gehört zum Frühwerk des Künstlers, der krank und desillusioniert aus dem Krieg zurückgekehrt und von existenziellen Ängsten geplagt war. In dieser Zeit stellte Gramatté vorwiegend einsame, leidende Figuren dar, mit knochig verkrampften Körpern, wobei ein durchdringender Blick und das Spiel der Hände im Mittelpunkt standen. Die „Kakteendame“ sitzt auf einer Bank, umgeben von den titelgebenden Pflanzen, und wirkt ernst und nachdenklich. Ihre Silhouette hebt sich vom dunklen Bildgrund ab, eine grün-bläuliche Aureole betont ihr kantiges Gesicht mit den übergroßen Augen. Die hellen Knöpfe auf ihrem schwarzen Kleid führen in Richtung der gefalteten Hände. | Irina Hiebert Grun
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