In Rom, wo Albiker von 1903 bis 1905 lebte, hatte er den Sammler und Mäzen Karl Ernst Osthaus kennengelernt, der 1902 das Folkwang-Museum in Hagen eröffnet hatte. Osthaus beauftragte Albiker mit der lebensgroßen Figur einer „Trauernden“ für das Krematorium der Stadt, das Peter Behrens 1908 erbaute. Die Variante des Motivs als Torso in Gips (B III 300) überließ Albikers Sohn, Carl, zusammen mit dem Torso „Sitzende“ (B III 86) 1968 der Nationalgalerie (Ost), zunächst um sie in Bronze (B III 85) nachzugießen, bevor sie 1989 offiziell als Schenkung übergeben wurde. Exemplarisch steht die „Trauernde“ für das Ineinandergreifen von Körper und Seele in den figurativen Plastiken Albikers, das er 1919 in „Die Probleme der Plastik und das Material des Bildhauers“ und 1932 in „Form und Inhalt im Kunstwerk“ auch theoretisch dargelegt hat. Der befreundete Kulturphilosoph Leopold Ziegler charakterisierte die von Ernst und Trauer erfüllte Figur 1913 als Sinnbild emotionaler Ergriffenheit: Bewegung sei hier „in dem doppelten Sinne einer motorischen Aktion und einer seelischen Erschütterung“ aufgefasst (Leopold Ziegler, Die Bewegung in der Plastik. Dialog, in: Die Plastik, 3. Jg. [1913], H. 6, S. 52 f.). Albikers „Trauernde“ verweist einerseits auf klassische antike Vorbilder und in der Ausgestaltung als Torso auf Auguste Rodin, erinnert andererseits aber auch an die klaren, kubischen Plastiken von Aristide Maillol. Da die Variante für das Krematorium, eine sitzende Figur, bis auf ein über die Oberschenkel gelegtes Tuch nackt war, wurde sie jahrzehntelang nicht, wie ursprünglich geplant, im Vorhof des Krematoriums gezeigt, sondern an wechselnden Orten in Hagen. Erst seit 2007 ist sie im Außenbereich des Krematoriums aufgestellt. | Uta Caspary
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