Titel: De captivitate Babylonica ecclesiae Praeludium Martini Lutheri.
Autor: Martin Luther
Drucker: Hans Lufft - Melchior u. Michel Lotter
Druckort: Wittenberg
Druckjahr: 1520
Unter den als reformatorische Hauptschriften bekannten Veröffentlichungen Luthers im Jahre 1520 stellt die Flugschrift mit dem Titel "De captivitate Babylonica ecclesiae Preludium" wohl den direktesten Angriff auf die römisch-katholische Kirche und den Papst dar. So vergleicht Luther das Papsttum u. a. mit der Herrschaft Nimrods, des gewaltigen Jägers: "Papatum esse regnum Babylonis et potentiam Nimroth robusti uenatoris."
Im Mittelpunkt von Luthers Kritik stand dabei das Konzept der Heilsvermittlung der Kirche. Zum Zeitpunkt, als Luther die Schrift verfasste, war er sich bereits darüber im Klaren, dass sein Konflikt mit der katholischen Kirche unweigerlich eine Verurteilung nach sich ziehen würde, und hielt sich dementsprechend nicht zurück. Als die Schrift dann Anfang Oktober 1520 veröffentlicht wurde, folgte auch kurze Zeit später die Bannandrohungsbulle "Exsurge Domine" des Papstes.
Der Titel der Schrift spielt unverkennbar auf das Exil des Volkes Israel in Babylon an (vgl. Jer 52). Luther überträgt das Bild nun auf die Kirche, die unter der Gefangenschaft des Papstes steht. Durch dessen Beanspruchung der letztgültigen Interpretation der Bibel würde er das Volk Gottes unterdrücken. Luther benutzte den alttestamentlichen Bezug schon früher: in seiner auch als "Babylonica" bekannten Schrift zielt er nun aber direkt auf die Sakramente der römisch-katholischen Heilslehre ab und greift die dadurch ausgeübte Heilsverwaltung an. Das im Titel erhaltene Wort Praeludium (Vorspiel) lässt darauf schließen, dass Luther mit der Schrift erst am Anfang seiner Kritik an der Kirche steht, z. B.:
"Das ist es eben, was mich angetrieben hat über die Gefangenschaft der Kirche zu schreiben. Denn so ist das hochwürdige Testament Gottes durch Ansichten und Lehren gottloser Leute, die uns unter Hintansetzung des Wortes Gottes ihres eigenen Herzens Gedanken vorgetragen und die Welt verführt haben, so ist also dieses Testament in die Knechtschaft ruchlosen Gewinns gezwungen worden."
Von den seit dem Konzil von Florenz 1439 offiziellen sieben Sakramenten erkannte Luther nur Taufe, Abendmahl und Buße als durch die Heilige Schrift legitimiert an. Die übrigen vier Sakramente Firmung, Ehe, Priesterweihe und letzte Ölung verwarf Luther hingegen. Durch die öffentliche Ablehnung der geltenden sieben Sakramente griff Luther die Grundfesten des römisch-katholischen Kirchenwesens an und zerstörte spätestens mit der Veröffentlichung der Babylonica jegliche Hoffnung auf eine gesamtkirchliche Integration seiner Reformbemühungen. Dementsprechend waren auch die Reaktionen auf sein Werk.
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