Der Maler Eduard Gaertner war mit seinen brillanten Stadtveduten ein herausragender Chronist des biedermeierlichen Berlins. Das Panorama Berlins vom Dach der Friedrichswerderschen Kirche ist eines seiner Hauptwerke. In seiner Detailfreude vermittelt es eine lebendige Vorstellung vom Leben in der Stadt im Jahr 1834. Das Dach der kurz zuvor fertig gestellten Kirche bot einen ausgezeichneten Standort für einen Rundblick über die Wohn- und Prachtbauten Berlins und gehörte schon bald zu den touristischen Zielen der Stadt. Das Panorama übernimmt diesen Standpunkt in einem perspektivischen Kunstgriff und lenkt den Blick der Betrachter:innen auf die Bauten des damaligen Stadtzentrums. Bedeutende Persönlichkeiten der Stadt haben sich im Bild auf dem Dach der Friedrichswerderschen Kirche versammelt, unter anderem der Oberbaudirektor und Architekt Karl Friedrich Schinkel, der gemeinsam mit Peter Beuth die Fortschritte beim Bau der Bauakademie beobachtet. Aber auch der Maler selbst begriff sich als Teil der lebendigen Stadt. Am linken Bildrand verewigte er sich mit Skizzenheft und Stift in Händen, während ihm seine Ehefrau mit ihrem jüngsten Sohn entgegenläuft. Die grüne Zeichenmappe, die hinter ihm an der Brüstung lehnt, trägt sowohl seine Signatur als auch die Datierung und den Titel des Bildes. Teil 2 des Panoramas (GK I 6179) zeigt den Naturforscher Alexander von Humboldt an einem Fernrohr stehend. Gaertners Panorama zeigt Berlin in einer Phase der Veränderung: Die einst durch die Bauten des späten 17. und des 18. Jahrhunderts geprägte Stadt veränderte in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ihr Gesicht durch die moderne Architektur Karl Friedrich Schinkels. So zeigt Teil 1 des Panoramas sowohl das traditionsreiche Berliner Schloss, als auch die gerade im Entstehen begriffene Bauakademie, das Schauspielhaus auf dem Gendarmenmarkt und (am Horizont) das Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg, d.h. Bauten, die auf Plänen Schinkels beruhten. Teil 2 des Panoramas (GK I 6179) zeigt neben der unter König Friedrich II. von Preußen im 18. Jahrhundert entstandenen Hedwigskirche (die heutige Hedwigskathedrale), der Königlichen Bibliothek, der Oper und der Universität (das ehemalige Palais des Prinzen Heinrich), auch das wenige Jahre zuvor nach Plänen Schinkels erbaute Königliche Museum. Das Gemälde entstand im Kontext monumentaler Panoramen, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts als publikumswirksames Medium der Unterhaltung und Wissensvermittlung öffentlich präsentiert wurden und ein großes Publikum anzogen. Sie zeigten unter anderem Sehenswürdigkeiten fremder Städte und geologische Besonderheiten. Im Gegensatz zu ihnen plante Gaertner das Panorama Berlins von 1834 (auf wesentlich kleinerem Format) für den privaten Gebrauch und für eine Aufstellung im Innenraum. Die zwei mal drei Teile des Winkelpanoramas erlauben es den Betrachter:innen im Innern des Panoramas zu stehen (zum zweiten Teil siehe GK I 6179). So werden sie in das Geschehen auf dem Dach der Friedrichswerderschen Kirche mit einbezogen, als wären sie ein Teil der dortigen Besuchergruppe. Ein Jahr lang arbeitete Gaertner an den Bildern – teilweise in einer hierfür angefertigten „Bude“ auf dem Dach der Kirche. In einem Notizbuch hielt er den Fortschritt an den Arbeiten fest. Noch vor der Fertigstellung konnte er König Friedrich Wilhelm III. als Käufer gewinnen, der 1836 einen Teil des Panoramas im Ovalen Saal von Schloss Charlottenburg in einem vergoldeten Rahmen im "gotischen Stil" aufstellen ließ. Durch Scharniere verbunden, waren die einzelnen Teile des Rahmens beweglich und konnten in unterschiedlichen Winkeln zueinander gestellt werden. Einige Jahre später wurden beide Teile ins Dachgeschoss des Belvedere im Charlottenburger Park verbracht. Heute wird das Panorama Berlins wieder im Schloss Charlottenburg präsentiert.
Georg Friedrich Prinz von Preußen, ehemals Hohenzollernmuseum, SPSG
Dr. Alexandra Nina Bauer
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