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Mindener Museum Objekt im Fokus [4 M 7.1]
Haubenschachtel (Mindener Museum RR-R)
Herkunft/Rechte: Mindener Museum / Janna Bünck (RR-R)
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Haubenschachtel

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Beschreibung

Das Objekt im Fokus in den Monaten September und Oktober ist laut der anhaftenden handschriftlichen Notiz aus dem Jahr 1913 eine „alte Haubenschachtel“ „aus dem Elsaß“. Verfasst wurde die Notiz von der 1860 in Minden geborenen Sammlerin Alma Baldamus. Sie vermachte dem Mindener Museum schon zu Lebzeiten ausgesuchte und kulturhistorisch wertvolle Objekte. Diese stammten, wie dieses Objekt, aus ihrem Familienbesitz oder wurden regional und überregional erworben. Mehr Details über die Mindener Sammlerin können Sie bis zum 2. Oktober in unserer Jubiläumsausstellung „Sammelsurium?! Über 100 Jahre Sammeln, Bewahren, Ausstellen im Mindener Museum“ erfahren.

Interessant ist die Herstellungsart der Schachtel mit ihrem truhenförmig gewölbten Deckel. Die Wände aus Pappkarton wurden mit farbig bedrucktem Papier bezogen und dann mit einem festen Nähgarn vernäht. Nach der Größe und der Wiederholung der Motive zu urteilen, könnte es sich dabei um Stücke von Tapeten handeln.

Zentrales Motiv auf der Außenseite ist eine Frau mit einer Drehleier. Die Drehleier ist ein Streichinstrument mit drei bis sechs Saiten, die durch ein unter ihnen liegendes Scheibenrad angespielt werden. Der so mit einer Kurbel erzeugte Grundklang kann durch Tasten auf dem Resonanzkasten zu einer Melodie verändert werden.

Erste bildliche Darstellungen des Instruments stammen aus dem 12. Jh. Im 15. Jh. wurde die Drehleier zu einem beliebten höfischen Instrument. Nur kurze Zeit später nutzten sie bereits fahrende Musiker zahlreich zum Broterwerb. Für diese wohnsitzlosen, als ehr- und somit rechtlos geltenden Spielleute entwickelte sich im Elsass eine besondere Tradition. Mit ihr sollten die Risiken, die mit dem rechtlosen Status einhergingen, verringert werden. Unter dem Schutz der Herren von Rappoltstein gründete sich im Jahr 1431 eine Pfeiferbruderschaft, die erst mit der französischen Revolution (1789-1799) endete. Noch heute wird alljährlich ein Fest anlässlich des Zusammentreffens der Mitglieder in Rappoltsweiler (Ribeauvillé) gefeiert.

Die Darstellung eines typischen Instruments der fahrenden Spielleute auf einer „Elsässer Haubenschachtel“ könnte die Herkunftsangabe durch Alma Baldamus vielleicht bestätigen. Die Präsentation der jungen Frau mit Kopftuch und Drehleier auf der Schachtel entspricht einem 1722 herausgegebenen Stich des deutschen Kupferstechers und Verlegers Johann Christoph Weigel (1661-1726) aus seinem Werk „Musicalisches Theatrum“.

Das Innere der Schachtel wurde mit anders bedrucktem farbigen Papier bezogen. Als zentrales Element lässt sich hier eine Fackel identifizieren, die von verschiedenen Pflanzenmotiven und ornamentalen Motiven umrahmt wird. Stilistisch orientiert sich die Darstellung an der römischen Antike, die Ende des 18. Jh. bis Mitte des 19. Jh., sehr in Mode war. Die verwendeten Pflanzenmotive lassen aber auch eine spätere Datierung zu.

Anfang des 16. Jh. entwickelte sich die Verzierung von Wänden, Möbeln und Büchern mit kleineren Bögen bedruckten Buntpapiers. Ein erster Schritt hin zur Tapete war die Verwendung von Holzmodeln aus dem Stoffdruck auf Papier, dem sogenannten Kattunpapier (Kattun = Baumwollgewebe). Ab 1699 begann man damit, einzelne bedruckte Papierbögen aneinander zu kleben. Zu Beginn des 18. Jh. stellte man erst eine Papierrolle aus einzelnen Bögen her, bevor man sie bedruckte. Dieser Vorgang gilt als die Geburtsstunde der Tapete. Ab 1750 verkauften alle europäischen Manufakturen ihre Ware als bedruckte Rollen. Ab 1830 konnte man sogenanntes Endlospapier herstellen. Dies trieb die Mechanisierung des Arbeitsprozesses voran.

Im elsässischen Rixheim ist seit 1797 die Tapetenmanufaktur Hartmann Risler & Cie ansässig. 1802 umbenannt in Zuber & Cie, produziert sie noch heute erfolgreich Tapeten, auch mit historischen Modeln. 1983 wurde in den historischen Gebäuden ein Tapetenmuseum (Musée du Papier Peint) eröffnet. Ob es sich jedoch bei den bedruckten Papieren auf der Haubenschachtel der Mindener Sammlerin Alma Baldamus tatsächlich um Tapeten aus dem Elsass handelt, bedarf weiterer Forschung.

Material/Technik

Pappe & Papier & Holz & Garn / Bedruckt & Geklebt & Genäht

Maße

H x B x L: 17 x 19,5 x 31

Mindener Museum

Objekt aus: Mindener Museum

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