Westerwald 1653
Steinzeug, grauer Scherben, salzglasiert, aufgebaut aus einzelnen Elementen, Kobaltbemalung
Vergleichbare Exponate:
Rhein. Landesmuseum Trier,
Inv. Nr. 16,74; 16, 97; HS 604; 16, 25; 13, 438
Victoria & Albert Museum London, Inv. Nr. 298 -1890
KMW Höhr-Grenzhausen, Inv. Nr. A 96 (2x), A 3521, D 585
MAK Köln, Kat. Nr. 719-732
Auf der Suche nach neuen Anwendungsmöglichkeiten für ihr Steinzeug stießen die Töpfer des Kannenbäckerlandes auf die kastenförmigen Behältnisse zur Aufbewahrung von Schreibutensilien. Bisher kannte man diese im 16. Jh. eingeführten Kästen aus Edelmetallen, in denen Federkiele, Tinte, Streusand und Siegellack aufbewahrt wurden. Gleichartige Einrichtungen konnten auch aus Keramik hergestellt werden und den selben Zweck erfüllen. Dabei waren sie preiswerter, wobei der Unterschied mit dem Grad der künstlerischen Verzierung schwankte.
Wir finden im vorliegenden Fall ein Exemplar, welches glücklicherweise datiert ist und somit uns in die Lage versetzt, den Beginn der Einführung von Schreibzeugen aus Steinzeug als spätestens Mitte 17. Jh. anzusetzen. Alle anderen Schreibzeuge des Keramikmuseums Westerwald sind nicht datiert und müssen nach dem Stile ihrer Dekoration zeitlich eingeordnet werden.
Alle Wände des hier vorgestellten Schreibzeuges sind mit dem gleichen Motiv aufgebaut, nämlich der Darstellung einer weiblichen Person mit unbekleidetem Oberkörper in der Haltung einer indischen Gottheit. Sie wird umkränzt von Bogengirlanden und Blütenranken. Das Ganze ist reliefartig aufgebaut und die Zwischenräume sind ausgeschnitten. Als Stilelement der Renaissance könnte man bestenfalls die abschließenden Säulen bezeichnen.
Das Ganze ist eine sorgfältige Arbeit und zeugt von dem Einfallsreichtum des Töpfers, der möglicherweise einer der ersten war, der sich an die Herstellung eines vollkommen neuen Produktes, abweichend von der Gefäßkeramik, gewagt hat. Eine sehr ähnliche Frauendarstellung findet sich auf einem Humpen im Britischen Museum, London. Dort jedoch als Meerjungfrau dargestellt.
Der Humpen wird bei Gaimster mit ca. 1700-1725 datiert, ist jedoch aufgrund der im Schreibzeug eingeritzten Jahreszahl 1653 als älter einzustufen.
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