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Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir Schriftgut - Briefe [2022/0178/034]
https://rlp.museum-digital.de/data/rlp/resources/documents/202204/20185859561.pdf (Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir (CC BY-NC-SA)
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Brief an Balthasar Christmann 12.07.1815

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Beschreibung

Es handelt sich hier um einen handschriftlichen Brief eines Leutnants Schlachter an den Eisenhandelsmann (und späteren Dürkheimer Bürgermeister) Baltasar Christmann in Dürkheim vom 12. Juli 1815 mit einem Nachtrag vom 15. Juli. Geschrieben wurde der Brief in La Croix bei Nangis im Departement Seine-et-Marne in Frankreich.
Schlachter war beim 16. Nationalfeld-Batallion, 3. Division, 1. Brigade, welches in Landau stationiert war. Er berichtet in dem Brief kurz von dem Marsch seiner Abteilung nach Frankreich, der im Rahmen des zweiten Einzugs der Koalition in Paris nach Napoleons endgültiger Niederlage bei Waterloo im Juni 1815 erfolgte.
Abgesehen von einigen "Scharmützeln" konnten die Truppen ohne größere Zwischenfälle bis nach La Croix gelangen. Dabei erwähnt Schlachter, dass deren Versorgung die bäuerliche Bevölkerung übernehmen musste.
Es sei beabsichtigt, nach einem längeren Aufenthalt weiter nach Orleans zu ziehen, wo möglicherweise französische Truppen unter den Generälen, Ney, Davoust (Louis Nicolas Davout) und Vandamme (Dominique Josef Vandamme) stehen würden, die allerdings durch britische Kontingente zum Rückzug gezwungen sein dürften.
Schlachter erwähnt außerdem den Einzug von König Ludwig XVIII. in Paris am 6. Juli und das Gerücht, das Napoleon auf der Flucht sei.
Der letzte Abschnitt mit Grüßen an Christmanns Familie und an Freunde in Dürkheim zeigt die enge Verbundenheit Schlachters mit Christmann und der Stadt Dürkheim.
In einem Nachtrag vom 15. Juli berichtet er über eine Meldung im "Pariser Journal", die Napoleons Flucht und Gefangennahme zum Inhalt hat. Er spricht auch von großen Truppenbewegungen in Richtung Paris und äußert die Vermutung, dass diese auf längere Zeit dort stationiert würden. Schlachter mokiert sich daneben über die angebliche starke Herabsetzung der Kriegskontributionen, die Frankreich auferlegt werden sollen.

Der Brief wurde durch das Königlich Bayerische Feldpostamt übermittelt.

Datierung: 15. Juli (aufgrund des Nachtrags)

Material/Technik

Papier / Handschrift

Maße

Länge: 24,7 cm, Breite: 40,5 cm, Stückzahl: 1, Seitenzahl: 1

Abschrift

Original: Deutsch

Brief an Baltasar Christmann La Croix bey Nangis den 12 July 1815 Schätzbarster Freund! Schon längstens wäre es meine Schuldigkeit gewesen, Ihnen auf Ihre Aufforderung und auf mein gemachtes heiliges Versprechen zu schreiben, allein die immerwährenden Märsche und das fortdauernde Bivouaquiren hinderten mich daran, meine Schuldigkeit früher gegen Sie zu erfüllen, deswegen hoffe ich auch, daß Sie mir mein Versäumnis für diesmal zu gut halten werden, und mich dennoch im Kreise Ihrer Freundschaft halten oder zählen. Seit dem Abmarsch von der Festung Landau, wo wir einige Scharmützel mit den Franzosen hatten, welches Ihnen schon bekannt sein muß, waren wir stets auf dem Marsch in Bivouaque, bald hatten wir es gut bald schlecht, doch können wir im Ganzen genommen nicht klagen, da die Bauern ziemlich liefern mußten, und meistens zu Hause waren, unser Marsch war über Saargemünde, Nancy, Toul, Chalons, bis hieher ohne nur einen französischen Soldaten gesehen zu haben, bey Laferté Gauche hatten wir ein großes Laager, wo man glaubte, eine Schlacht zu liefern, allein die Franzosen flüchteten sich in der Absicht so schnell, daß wir sie garnicht sehen konnten, wir sind bis hieher ohne einen Flinten Schuß gekommen, haben nun auf 3 Tage Standquartier bezogen, und befinden (Seite 2) befinden uns recht wohl, laut der ordre vom Marschall Wreede werden wir übermorgen Orleans zu marschieren, indem in derselben Gegend die Generale Davoust, Ney und Vandamme mit einem starken Corps stehen sollen, welche sich aber wahrscheinlich zurückziehen müßten indem auch die Engländer eine starke Armee heranmarschieren laßen, der König Louis toute suite ißt den 6ten July in Paris eingerückt, man behauptet allgemein selbsten die französischen Deserteurs, daß Napoleon die Flucht ergriffen hat, die Stimmung der französischen Bauern ißt allgemein für den König, für diesmal werden wir wahrscheinlich nicht so bald aus Frankreich kommen, Lebensmittel findet man genug und wir sind überhaupt recht zufrieden, obwohlen die strengsten Verbote wegen Erpressung von Wein und Brot herrschen, dennoch müßten die Bauern liefern, daß man ordentlich leben kann. Mehreres weiß ich Ihnen nicht zu schreiben, als daß ich immer(?) wohl bin, und das Gleiche Ihnen und Ihrer schätzbarsten Famille von Herzen wünsche, empfehlen Sie mich Ihrer werthesten Frau Mutter und Frau Gemahlin, und allen anderen Freunden, die in Dürkheim nach mir fragen, besonders Herr Bäker, Schik, Schaz und andere. In Annweiler habe ich bey Ihrer Frau Tante einen Besuch gemacht. Meinen Coffre(?) belieben Sie noch aufzubehalten, bis ich Ihnen wieder (Seite 3) schreibe, indem ich noch nicht wißen kann, wo wir noch in der Welt herumfahren werden. Leben Sie recht wohl und vergnügt, ich empfehle mich ferner in Ihre werthe Freundschaft und zeichne mich mit aller Achtung Ihr ergebener Freund Schlachter Lieut. beym 16. Nationalfeld Baon (Bataillon?) 3te Division 1te Brigade 15.July PS: Da gegenwärthiges noch liegen bleiben mußte, so kann ich Ihnen noch beyfügen, daß in dem gestrigen Pariser Journal die Nachricht war, daß sich Napoleon nach Rochéfort mit dem Genaral Becker und Bertrand geflüchtet, und von den Engländern gefangen genommen wurden, heute sind durch Nangis und der hiesigen Gegend 10.000 Oestereich. Grenadiers nach Paris marschiert, um alldorten Garnison zu halten, in dem Journal steht, daß die auferlegte Contribution auf Paris von 100 Millionen Francs, bis auf 8 heruntergesezt worden wäre, dies wäre wirklich lächerlich, wenn ich hierüber etwas mehreres erfahre, werde ich es Ihnen mit dem größten Vergnügen mittheilen. In und um Paris liegen gegenwärtig schon von den allierten Truppen 300 m (tausend?) Mann, aller Wahrscheinlichkeit wird man die Franzosen ziemlich zahm machen. Mehreres kann ich Ihnen für heute nicht beyfügen, als Sie und die Ihrhen(?) nochmals schönstens zu grüßen. Schlachter Verzeihen Sie mein Gesudel, da es nur in Eile geschah Beylage(?) ersuche(?) zu befördern (Seite 4) KB FELDPOSTAMT (Stempel) P.P. Herrn Balthasar Christmann Eisenhandelsmann In Dürkheim bey Neustadt an der Haardt

Literatur

  • J. Kermann (1989): Pfälzer unter Napoleons Fahnen - Veteranen erinnern sich. Neustadt/Weinstr.
  • K.-H. Rothenberger, K. Scherer, F. Staab, J. Keddigkeit (2001): Pfälzische Geschichte Band I. Kaiserslautern
Verfasst Verfasst
1815
Nangis
Empfangen Empfangen
1815
Johann Balthasar Christmann
1814 1817
Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Objekt aus: Stadtmuseum Bad Dürkheim im Kulturzentrum Haus Catoir

Der über 2000-jährigen Tradition des Weinbaus in Bad Dürkheim entsprechend, ist das Stadtmuseum in einem ehemaligen Weingut untergebracht. Auf über...

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