Auch in der Medizin setzte in der Renaissance ein neues Denken mit systematischen eigenen Beobachtungen ein. Andreas Vesalius (1514-1564) gewann, u. a. furch Sektionen des menschlichen Körpers, neue Erkenntnisse über die menschliche Anatomie. In diesem Kontext passen anatomische Modelle wie dieses, das eine schwangere Frau zeigt. Man nimmt an, dass es als Lehrmodell für Chirurgen und Hebammen gedient haben könnte. Da die Ausführung der Organe aber sehr schematisch, fast schon grob oder überzeichnet ist, mag es auch ein rein exklusives Sammlerstück für Kunst- und Wunderkammern gewesen sein. Nach Schätzungen haben sich heute noch etwa 25 solcher Modelle erhalten.
Elfenbein eignete sich hervorragend als Material für solche Arbeiten, da es gut zu bearbeiten und sehr haltbar ist. Gleichzeitig ermöglicht es auch die Veranschaulichung feiner Details. Das Modell zeigt eine aus Elfenbein gearbeitete, wie schlafend daliegende Frau in einem teilweise mit demselben Material verkleideten Holzkasten. Dieser erinnert an einen Sarg und daran, wie nah Geburt und Tod zusammenliegen. Nimmt man die bewegliche Bauchdecke des Objekts ab, werden innere Organe und in der Gebärmutter das ungeborene Kind sichtbar. Der Embryo kann herausgenommen werden. Die Arme sind in den Schultergelenken drehbar und abnehmbar.
Das hier gezeigte Objekt stammt aus der Werkstatt der Nürnberger Familie Zick, vermutlich von Stephan Zick (1639-1715). Die Werkstatt stellte neben Schwangeren-Modellen auch andere medizinische Schaustücke her. Charakteristisches Kennzeichen von Zicks Arbeiten ist die quer verlaufende Teilung der Kniescheibe, die anatomisch falsch ist. Auch Grübchen an den Fingerrundgelenken sind typisch für sein Werk.
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