museum-digitaldeutschland
STRG + Y
de
Gemäldegalerie Malerei [1645A]
https://id.smb.museum/digital-asset/5590450 (Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin / Christoph Schmidt (CC BY-NC-SA)
1 / 1 Vorheriges<- Nächstes->

Szenen aus dem Leben des hl. Bertin - Verkündigung mit Propheten und Evangelisten (Scenes from the life of Saint Bertin and the Annunciation to Mary with prophets and evangelists)

Kontakt Zitieren Datenblatt (PDF) Originalversion (Datensatz) Entfernung berechnen Zum Vergleich vormerken Graphenansicht

Beschreibung

Simon Marmion, der in Amiens, in Valenciennes und vorübergehend auch in Tournai arbeitete, gehört zu den hervorragendsten französischen Meistern der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Schon die ältesten Nachrichten rühmen ihn als »Prince d’enluminure«, dessen Miniaturen aufgrund ihrer reichen Ausstattung mit landschaftlichen Details große Bewunderung hervorriefen. Das Hauptwerk Marmions und der Ausgangspunkt für die Rekonstruktion seines Schaffens, in dem sich Elemente der französischen und niederländischen Kunst miteinander verbinden, bildet der Altar für die Benediktinerabtei St. Bertin in der damals zur Grafschaft Flandern gehörenden Stadt Saint-Omer. Auftraggeber des Retabels, das 1459 auf dem Hochaltar der Abteikirche aufgestellt wurde, war Guillaume Fillastre, Bischof von Verdun (1437–49), Bischof von Toul (1449–60), Abt von St. Bertin (1450–73), Bischof von Tournai (1460–73), Kanzler des Ordens vom Goldenen Vlies und ein enger Vertrauter des mächtigen Herzogs von Burgund, Philipps des Guten. Das kostbare Altarwerk hat sich bis 1791 an seinem Platz in der Abtei befunden, ist dann jedoch wie so viele Kirchenschätze der Französischen Revolution zum Opfer gefallen. Der mit Skulpturen in kostbarer Goldschmiedearbeit reich geschmückte Mittelschrein wurde zerstört, das Gold eingeschmolzen. Erhalten blieben die von Marmion geschaffenen, beidseitig bemalten Flügel. Sie waren ursprünglich durch zinnenartige Aufsätze überhöht, die jedoch zu Beginn des 19. Jahrhunderts abgetrennt wurden und heute in der National Gallery in London bewahrt werden. Die beiden Altarflügel vermögen heute nur noch einen unvollkommenen Eindruck von der monumentalen Wirkung des ungewöhnlich aufwendigen Retabels zu vermitteln, das in geöffnetem Zustand eine Breite von über sechs Metern aufwies. Die Flügel sind auf den Rückseiten, den einstigen Außenseiten, mit Malereien in Grisaille geschmückt. Im geschlossenen Zustand des Altars bildeten sie dessen »Werktagsseite«. Wir sehen links Markus und Micha, Johannes und Salomo sowie den Erzengel Gabriel, der auf die Maria der Verkündigung auf der rechten Seite bezogenist, neben der David, Matthäus, Jesaias und Lukas dargestellt sind. Die Könige, die Propheten und die vier Evangelisten, die Spruchbänder tragen und durch Beischriften bezeichnet sind, rahmen paarweise in gemalten Nischen die Verkündigungsszene. Sie weisen zugleich auf das Programm des kostbaren Altarschreins voraus, in dessen Zentrum die Kreuzigung Christi zu sehen war, überragt von dem vergoldeten Stamm des Lebensbaums als Sinnbild für das Erlösungswerk Christi, durch das der Menschheit der Wein des eucharistischen Bluts zuteilwurde. Besondere Beachtung verdienen die Innenseiten der beiden Altarflügel, die einst den goldenen Mittelschrein flankierten. Sie bestechen durch eine brillante Farbgebung von fast kristalliner Klarheit und einen außergewöhnlichen Detailreichtum. Zusammengenommen bilden sie einen breit angelegten Zyklus von jeweils fünf durch reichgegliederte Architektur getrennten Szenen, die von Ereignissen aus dem Leben des heiligen Bertin, des Gründers und Titelheiligen des Klosters, berichten. Der heilige Bertin, geboren um 615 bei Coutances (Manche), gestorben am 5. September 698, ist in Luxeuil (Haute Saône) ins Kloster eingetreten. Er war Bischof von Thérouanne (Pas-de-Calais) und gründete das Kloster Sithiu – seit 1100 St. Bertin genannt –, dessen Abt er von 670 bis zu seinem Tod gewesen ist. Seit dem Jahre 745 wird er als Heiliger verehrt. Die Szenenfolge beginnt in der linken Ecke des linken Altarflügels. Hier ist der Stifter Guillaume Fillastre dargestellt, der im bischöflichen Ornat vor einem aufgeschlagenen Missale kniet. Hinter ihm steht ein Kaplan. Ein über ihm schwebender Engel trägt sein Wappen. Auf dem einst darüber angebrachten Aufsatz, der sich heute in London befindet, sind singende und musizierende Engel zu sehen. Der Blick des Stifters gilt den sich anschließenden Begebenheiten aus dem Leben des Heiligen. Auch wir sehen nacheinander dessen Geburt und seine Einkleidung im Kloster von Luxeuil. Demutsvoll kniet er unter dem Kirchenportal und ein weiteres Mal betend vor dem Lettner der Kirche. Die folgende Szene berichtet von der Pilgerschaft Bertins, der in Begleitung der Mönche Ébertramne und Momelin in Thérouanne vom heiligen Omer empfangen wird. Im Anschluss daran sind die Gründung und der Bau des neuen Klosters dargestellt. Der heilige Bertin und der Grundherr der Gemarkung, Ritter Adrowald, besiegeln die Schenkung. In der Landschaft erhebt sich die nahe dem Fluss Aa gelegene Burg des Ritters. Auf dem Wasser treibt das Boot mit dem Heiligen und seinen Begleitern, geleitet von einem Engel, der ihnen die von Gott vorbestimmte Stelle für den Bau des Klosters angezeigt hat. Die Ereignisse setzen sich auf dem rechten Flügel mit der Legende des Weinwunders fort. Sie berichtet davon, wie Ritter Waldbert auf der Jagd vom Pferd stürzte, da er es versäumt hatte, den Segen des Klosters einzuholen. Er sandte daraufhin seinen Knappen aus, der ihm einen vom heiligen Bertin gesegneten Trunk bringen sollte. Durch ein Wunder hatte sich ein leeres Fass mit Wein gefüllt. Wir sehen den Mönch Duodon, der vor dem Fass kniet, den Knappen und den heiligen Bertin, unter dessen Augen sich das Wunder vollzieht. Die daran anschließende Szene zeigt den Ritter, der, geheilt und bekehrt, mit seinem Sohn der Welt entsagt und ins Kloster eintritt. Danach werden auch vier bretonische Edelleute vom Heiligen in den Orden aufgenommen. Hinter beiden Szenen öffnet sich der Blick in einen gotischen Kreuzgang, dessen Wände mit der umlaufenden Darstellung eines Totentanzes bemalt sind. Wir sehen junge Männer von Adel ergriffen die Malereien betrachten, die von der Vergänglichkeit alles Irdischen zeugen. Irdischen Anfechtungen war freilich auch der heilige Bertin ausgesetzt, wie die sich anschließende Szene verdeutlicht. Eine verführerische, modisch aufgeputzte Frau ist dem Heiligen erschienen, um ihn zu versuchen. Die unter ihrem Kleid hervorschauenden Krallenfüße zeigen, dass sie ein Dämon des Bösen ist, der jedoch durch den heiligen Martin von Tours gebannt und bezwungen wird. In der letzten Szene der Bilderfolge sehen wir den heiligen Bertin auf dem Totenbett, betrauert von einem vornehmen Gönner des Klosters und den Mönchen, die ihn mit den Sterbesakramenten versehen. Der einst über dieser Szene angebrachte Aufsatz, der in London bewahrt wird, zeigt die Aufnahme der Seele des Heiligen in den Himmel. Die Brillanz der Farben und der Detailreichtum der Szenen zeugen davon, dass Marmion vor allem auch ein Miniaturist von außergewöhnlichen Fähigkeiten war. Bewundernswert ist zumal die differenzierte Behandlung des Lichts, das sich in vielfältigen Abstufungen an der Architektur bricht und den stillen Räumen eine unverwechselbare Atmosphäre verleiht. Ausgehend von der Zelle des Stifters und dem Sterbezimmer des Heiligen erfährt die Lichtführung eine zunehmende Steigerung bis hin zu den Ausblicken in die helle, lichtdurchflutete Landschaft, die zum Mittelschrein mit seinem goldenen Skulpturenschmuck überleiteten.| 200 Meisterwerke der europäischen MalereiGemäldegalerie Berlin, 2019 |--Hier Übersetzung--::::: Simon Marmion, who worked in Amiens, in Valenciennes, and briefly in Tournai, was among the outstanding French masters of the second half of the 15th century. The earliest surviving reports already praise him as the “prince d’enluminure”, and his miniatures elicited great admiration by virtue of their rich landscape details. Marmion’s masterpiece, and the point of departure for the reconstruction of his oeuvre, which combines elements of French and Netherlandish art, is the altarpiece for the Benedictine Abbey of Saint Bertin in the town of Saint-Omer, formerly a part of the County of Flanders. The commissioner of the retabel, which was set up in 1459 on the high altar of the abbey church, was Guillaume Fillastre, Bishop of Verdun (1437–49), Bishop of Toul (1449–60), Abbot of Saint Bertin (1450–73), Bishop of Tournai (1460–73), Chancellor of the Order of the Golden Fleece, and a close confidant of Philip the Good, the powerful Duke of Burgundy. The precious altarpiece retained its place in the abbey until 1791, when it fell victim – like so many church treasures – to the French Revolution. The central shrine, containing sculptures and precious goldsmith work, was destroyed and the gold melted down. Surviving were the painted wings on each side, the work of Marmion. Originally, they were embellished with merlon-style vertical extensions, which were however separated from the panels in the early 19th century, and are preserved today in the National Gallery in London. Today, these wings convey only an inadequate impression of the monumental impact of the uncommonly elaborate retabel, which was more than six meters wide when opened. The wings are decorated on their backs, formerly the outer sides, with grisaille paintings. When the altarpiece was closed, these formed its “working day side”. On the left, we see Mark and Micah, John and Solomon, as well as the Archangel Gabriel, who is linked to the Virgin of the Annunciation on the right-hand side, who is herself joined by depictions of David, Matthew, Isaiah, and Luke. The kings, prophets, and four evangelists, who carry texted banderoles and are identified by inscriptions, frame the Annunciation scene in pairs in painted niches. At the same time, they anticipated the program of the precious altar shrine, at whose centre the Crucifixion was displayed, over which towerd the gilded trunk of the Tree of Life as an emblem of Christ’s work of redemption, which bestows upon humanity the wine of the Eucharistic blood. Meriting special attention are the inner sides of the two wings, which once flanked the golden central shrine. They captivate the viewer by virtue of their brilliant colouration, almost crystalline clarity, and extraordinary wealth of detail. Taken together, they form an ambitiously conceived cycle, each panel consisting of five scenes, separated by richly elaborated architecture, which narrates the events of the life of Saint Bertin, the abbey’s founder and tutelary saint. Saint Bertin, who was born around 615 near Coutances (Manche) and died on 5 September 698, entered the monastery in Luxeuil (Haute Saône). He was the Bishop of Thérouanne (Pas-de-Calais), and founded the monastery of Sithiu (known as Saint Bertin beginning in 1100), whose Abbot he was from 670 until his death. He has been revered as a saint since 745. The sequence of scenes begins in the lower left corner of the left wing. Depicted here is the donor Guillaume Fillastre, who kneels before an open missal wearing Episcopal regalia. A chaplain stands behind him. His coat of arms is carried by an angel who hovers above him. Visible on the first vertical extension, today found in London, are singing and music-making angels. The donor’s gaze is focused on the ensuing events from the life of the saint. We too are able to follow events from his birth to his investiture at the monastery of Luxeuil. Filled with humility, he kneels down beneath the church portal, and then once more in prayer before the rood screen of the church. The following scene tells of Bertin’s pilgrimage and his reception in Thérouanne by Saint Omer, accompanied by the monks Ébertramne and Momelin. Succeeding this scene is a depiction of the foundation and construction of the new monastery. Saint Bertin and the knight Adrowald, the landlord of the district, seal the donation. Towering up in the landscape near the Aa River is the knight’s castle. Floating on the water is a boat containing the saint and his companions, guided by an angel who shows them the place God has designated for the building of the monastery. On the right-hand side panel, these events continue with the legend of the miracle of the wine. It tells how the knight Waldbert topples from his horse because he has neglected to obtain the blessing of the monastery. Afterwards, Waldbert sends a squire, who is charged with returning with a drink that has been consecrated by Saint Bertin. Through a miracle, and empty cask has been filled with wine. We see the monk Duodon, who kneels before the cask, the squire, and Saint Bertin, before whose eyes the miracle transpires. The adjacent scene shows the knight, now healed as well as converted, together with his son, renouncing the world and entering the monastery. Afterwards, four Breton noblemen are accepted by the saint into the order. Opening up behind these two scenes is a view of a Gothic cloister, whose walls are painted with a circumferential depiction of a Dance of Death. We see young man of noble origin contemplating these images, which testify to the transitory nature of everything earthly. To be sure, Saint Bertin himself was exposed to mundane temptations, as the succeeding scene illustrates. A seductive, fashionably attired woman appears before the saint in order to entice him. The clawed feet, which peep out from under her dress, reveal that she is an evil demon, who is nonetheless spellbound and vanquished by Martin of Tours. In the final scene, we see Saint Bertin on his deathbed, mourned by a distinguished patron of the monastery together with the monks, who performed the last rites. The vertical panel that formerly topped this scene, shows the reception of Bertin’s soul in heaven. The brilliant colours and rich detail of these scenes testify to Marmion’s extraordinary abilities, especially as a miniaturist. Remarkable in particular is the differentiated treatment of light, which falls onto the architectural setting in a multitude of gradations, and which endows these silent spaces with an inimitable atmosphere. Beginning with the cell of the donor and Bertin’s death chamber at the sides, the illumination experiences a gradual intensification whose highpoint is the sweeping vistas of the bright, light-flooded landscape, which once effected a transition to the central shrine, with its golden sculptural decoration.| 200 Masterpieces of European Painting – Gemäldegalerie Berlin, 2019

Material/Technik

Eichenholz

Maße

Rahmenaußenmaß: 75,7 x 164 cm, Rahmenaußenmaß (Höhe x Breite): 75.7 x 164 cm, Tafelmaß: 58,5 x 146,4 cm, Tafelmaß (Höhe x Breite): 58.5 x 146.4 cm

Gemäldegalerie

Objekt aus: Gemäldegalerie

Die Gemäldegalerie besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen europäischer Malerei des 13. bis zum 18. Jahrhunderts. Die Bestände umfassen...

Das Museum kontaktieren

[Stand der Information: ]

Hinweise zur Nutzung und zum Zitieren

Das Material kann bei Namensnennung frei verwendet werden.