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Städtische Museen Zittau Zittauer Epitaphienschatz [23421]
Porträtepitaph Gottfried Benjamin Martini (Städtische Museen Zittau RR-R)
Herkunft/Rechte: Städtische Museen Zittau / Jürgen Matschie (RR-R)
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Porträtepitaph Gottfried Benjamin Martini

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Beschreibung

Darstellung/Ikonographie: An Gottfried Benjamin Martini (1666–1733) erinnert ein fast drei Meter hohes Epitaph in der Zittauer Klosterkirche. Es ist das einzige erhaltene Epitaph, das einem Pfarrer gewidmet wurde, die sonstigen gingen 1757 in der Johanniskirche unter. Martini war Pastor primarius in Zittau, also Inhaber der ersten Pfarrstelle. Ein reicher plastischer Bildschmuck umgibt die gerahmte Mitteltafel, ein Ölgemälde auf Kupfer. Auf ihr ist Gottfried Benjamin Martini zu sehen, der in der Kleidung eines lutherischen Pfarrers vor dem gekreuzigten Jesus Christus kniet und mit der rechten Hand auf diesen weist. Anders als bei den älteren Bildepitaphien wird keine biblische Geschichte erzählt und kommentiert. Es scheint, als sei das Kruzifix als Attribut seines Berufsstandes zu verstehen, es soll freilich auch für seinen Glauben stehen. Im Hintergrund ist eine Landschaft mit Ausblick auf die Stadt Zittau und das Zittauer Gebirge abgebildet. So sind auch die großen Zittauer Kirchen zu erkennen, besonders die Johanniskirche, wie sie vor der Zerstörung 1757 ausgesehen hat. Das Gemälde wird von einem in der Mitte aufgewölbten Gebälk überdeckt, über welchem sich ein Baldachin erhebt. Auf den Außenseiten des Gebälks stehen Flammenvasen. Unter dem Gesims hängen stark gefaltete Vorhänge herab. Unter dem Hauptbild befindet sich ein vorgewölbtes Gebilde mit Familienwappen, wohl ein stilisierter Sarkophag. Links sitzt auf einem seitlichen Schwung eine weibliche Gestalt, die ein Buch und einen Kelch hält, die Allegorie des Glaubens. Sie unterstreicht die Aussage des Gemäldes. Rechts ist ein Engel mit Flügeln dargestellt, der vor dem gerafften Vorhang zu fliegen scheint. Er hielt eine schräg gestellte rechteckige Schrifttafel oder deutete auf sie.
Zur Person/Familie: Gottfried Benjamin Martini war der Pastor primarius an der Zittauer Hauptkirche St. Johannis, zugleich auch Archidiakon von Zittau. Er wurde am 6. Januar 1666 in Langebrück bei Dresden geboren. Seine Frau Anna Colditz stammte aus Schneeberg, geboren am 17. Januar 1674. Sie starb am 7. Mai 1729 in Zittau. Knapp vier Jahre später, am 13. März 1733 starb Gottfried Benjamin Martini. Er wird als Besitzer des Hausgrundstücks Am Markt 6, angegeben, das auch als Syndicatshaus bezeichnet wird und ein Kirchengrundstück war. In der Christian-Weise- Bibliothek befinden sich eine Leichenpredigt (ZI 71/1848 231) und sechs Trauergedichte (ZI 71 M 60c–i) und weitere Personalschriften, die seinen gesellschaftlichen Rang anzeigen. Martini, der aus einer weit vernetzten Pfarrerdynastie stammte, hatte einen prominenten Großvater: Samuel Martini war in Prag Lehrer und Assessor beim Konsistorium der evangelischen böhmischen Gemeinde. 1621 musst er mit anderen Protestanten fliehen. Er war danach Hofmeister bei vier Baronen in Wittenberg, Redner bei verschiedenen holländischen und französischen Akademien, in England wurde er unter dem Namen von Drazowa in den Adelsstand erhoben. Er wurde in Sachsen dann Pfarrer der böhmischen Exulanten in Pirna, 1631 nach Eroberung Prags durch protestantische Truppen wurde er zum Präsidenten des Konsistoriums in Prag, Pastor in St. Marien und Propst des Collegium Carolinum ernannt, nach Verlust von Prag trotz vieler bekannter Schriften jedoch wieder Prediger in Pirna, da sich dort die Exulanten aus Prag sammelten. Gottfried Benjamin Martini studierte ab 1685 in Leipzig Philosophie, Philologie und Theologie. 1689 war er Feldprediger beim Leibregiment zu Fuß von Kurfürst Johann Georg III. von Sachsen und wurde 1690 Subdiakon in Großenhain. Seit 1697 war er Morgenprediger an St. Petri und St. Pauli in Zittau und wurde 1710 Diakon und Dienstagsprediger an St. Johannis, ehe er 1716 Archidiakon in St. Johannis wurde. Die Martinis hatten neun Kinder, die in führende Familien Zittaus und Sachsens einheirateten, darunter Johanna Dorothea, verheiratet mit Kaufmann Johann Friedrich Böttiger (Kat. 68); Johanna Christiana, verheiratet mit Johann Adam Wiedemann, Sekretär der Generalakzise des Kurfürsten von Sachsen; Johanna Sophia, verheiratet mit Kaufmann Gottfried Hering.
Kommentar: Das künstlerisch anspruchsvolle Epitaph steht in Zittau im erhaltenen Bestand hinsichtlich seines Aufbaus für sich. Ausnahme ist das etwas spätere Epitaph für Martinis Tochter Johanna Dorothea Böttiger, das sich gleich daneben befindet und sich offensichtlich an das Gedächtnismahl des Vaters anlehnt. In der Zittauer Grabmalskunst gibt es allerdings Anknüpfungspunkte bei den steinernen Grabdenkmälern des Kreuz- und Weberkirchhofs. Das betrifft einmal die Form des sarkophagartigen Sockels (vgl. das Grab Butschke von 1706 auf dem Kreuzfriedhof, siehe Gurlitt 1907, S. 118), dann aber auch die charakteristische diagonal positionierte Schrifttafel, die das monumentale Epitaph dynamisiert (vgl. z. B. das Grünwaldsche Grab auf dem Weberkirchhof von 1740, siehe Gurlitt 1907, S. 168). Auch künstlerisch scheint es in der Steinskulptur Anknüpfungspunkte zu geben, z. B. zum Grufthaus Finck auf dem Kreuzkirchhof (1730). In seinen Details ähnlich ist auch das Epitaph Hermann in der Kreuzkirche, zu dem ein werkstattmäßiger Zusammenhang vorliegen könnte. Unklar ist die Einordnung der Malerei. Nicht unähnlich ist jene des Epitaphs Böttiger, für die eine Signatur des böhmischen Malers Thomas Eyselt überliefert ist. Gut möglich, dass jener Maler auch hier tätig war.

Material/Technik

Holz mit farbiger Fassung, Malerei auf Metallplatte (Kupfer?), Schrifttafel vmtl. aus Kupfer / Blattmetallziertechniken: Vergoldung, Versilberung, rote Lüsterung auf Silber Ziertechniken Malerei: rote und schwarze Marmorierung, Polierweißfassung, rote monochrome Fläche Plastische Ziertechniken: Gravur

Maße

Länge
300 cm
Breite
260 cm
Höhe
56 cm

Literatur

  • Knüvener, Peter (Hrsg.) (2018): Epitaphien, Netzwerke, Reformation : Zittau und die Oberlausitz im konfessionellen Zeitalter. Görlitz, Seite 551ff
Städtische Museen Zittau

Objekt aus: Städtische Museen Zittau

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