museum-digitaldeutschland
STRG + Y
de
Kupferstichkabinett [SZ Menzel N 1733]
http://www.smb-digital.de/eMuseumPlus?service=ImageAsset&module=collection&objectId=1723012&resolution=superImageResolution#5102273 (Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin / Dietmar Katz (CC BY-NC-SA)
0 / 1 Vorheriges<- Nächstes->

Vier Köpfe

Kontakt Zitieren Datenblatt (PDF) Originalversion (Datensatz) Entfernung berechnen Zum Vergleich vormerken Graphenansicht

Beschreibung

»Einige wenige Personen brauchen ihrem Berufe nach die große Stadt, das ist zuzugeben, aber sie sind doch verloren, speziell für ihren Beruf verloren, wenn sie nicht die schwere Kunst verstehn, in der großen Stadt zu leben und wiederum auch nicht zu leben. Ad. Menzel ist beispielsweise ein Meister in dieser wie in seiner eigentlichen Kunst. Gewiß war ihm Berlin eine Notwendigkeit (Menzel 50 Jahre lang in Filehne wäre nicht Menzel mehr), aber wie hat er auch in Berlin gelebt? Von 9 bis 9 ein Einsiedler in seinem Atelier, und dann erst, wenn andere zu Bett gehn, geht er zu Huth...« (Th. Fontane an Georg Friedländer am 21 12.1884. In: Fontanes Briefe, Berlin und Weimar 1980, Bd. 2, S. 130)
Fontanes Worte charakterisieren treffend die Isoliertheit des alten Menzel in der gänzlichen Konzentration auf sein Werk. Am Leben nahm er überwiegend nun als Beobachter teil. Nach einem Sturz gegen Ende des Jahres 1895 erholte er sich zwar, hat aber das Malen fast ganz aufgegeben, um nur mit Bleistift und Estompe zu arbeiten. In den Jahren bis kurz vor seinem Tode, entstand eine Gruppe von Bleistiftzeichnungen, die noch einmal etwas völlig Neues innerhalb seines Werkes darstellt. Überraschend ähneln diese späten Bleistiftkompositionen manchmal der Totalen des heutigen Films, auch legen ihre fragmentarischen Bildausschnitte den Vergleich mit der Fotografie nahe. In der Technik des Zeichnens erreichte er ebenfalls noch einmal eine geniale Höhe. Zart und vehement zugleich gelang ihm mit dem Bleistift Äußerstes an Nuancierung grauer und schwarzer Töne, Menzel zeichnete Köpfe, bisweilen Halbfiguren der Menschen, wie sie ihm auf den Berliner Straßen begegneten. Aber auch in Skizzenbüchern der Reisen von 1893 und 1903 nach Karlsbad ist das Motiv der Köpfe vorherrschend. Manchmal sind sie zu spontan wirkenden kleinen Szenen zusammengefügt, die vielleicht in den Restaurants erhascht wurden, die er am Abend aufzusuchen pflegte, etwa in Frederichs Weinstube oder Café Josty, beide nahe der Sigismundstraße am Tiergarten gelegen, wo seine letzte Wohnung und Atelier waren. Oft hat er die Modelle gegen Entlohnung gezeichnet, wenn sie vor seinem Atelier darauf warteten. Die Begegnung mit diesen meist alten, einfachen Leuten gehörte sicher zu den wesentlichen letzten menschlichen Erfahrungen des greisen Menzel. Gestaltgewordene Augenblicksprotokolle, variieren diese späten Blätter erneut das Thema der Entfremdung im Aufzeigen des brüchigen und zufälligen Bei- und Gegeneinander der Dargestellten. Menzels einstiges Bemühen, Vorgänge hauptsächlich in den Physiognomien der Menschen zu bannen, das ihm im Gemälde der Ansprache Friedrichs des Großen an seine Generäle vor der Schlacht bei Leuthen mißlungen war, wurde nun in neuer Form erfolgreich aufgegriffen. Unmittelbar von der Realität ausgehend, schuf er in diesen späten bildhaften Zeichnungen eine Welt unterschiedlichster seelischer Regungen mit Zügen des Irrationalen, stumme Zwiesprachen des Meisters mit seinen charaktervollen Modellen. Die Gesichter der Menschen, ihr Aussehen interessierte ihn, »das so wenig gleichgültig als zufällig ist«, wie er gegenüber Max Jordan geäußert hat (Jordan 1905, S. 8). Wenn Fontane, Schopenhauer zitierend, schrieb: »Das Beste, was wir haben, ist Mitleid«, so zeigt sich dieser Gedanke als Schaffensimpuls auch für Menzel in dessen letzten Bleistiftarbeiten. (Fontane an seine Tochter 24.8. 1893, op. cit.S. 305)

Text: Marie Ursula Riemann-Reyher in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 390f., Kat. VII.391 (mit weiterer Literatur)

Material/Technik

Graphitstift, gewischt, auf Vélinpapier, fixiert

Maße

Blattmaß: 13,4 x 21,0 cm

Links/Dokumente

Kupferstichkabinett

Objekt aus: Kupferstichkabinett

Das Kupferstichkabinett ist das Museum der Graphischen Künste bei den Staatlichen Museen zu Berlin. Es bildet dort das Sammlungs-, Kompetenz- und...

Das Museum kontaktieren

[Stand der Information: ]

Hinweise zur Nutzung und zum Zitieren

Die Text-Informationen dieser Seite sind für die nicht-kommerzielle Nutzung bei Angabe der Quelle frei verfügbar (Creative Commons Lizenz 3.0, by-nc-sa) Als Quellenangabe nennen Sie bitte neben der Internet-Adresse unbedingt auch den Namen des Museums und den Namen der Textautorin bzw. des Textautors, soweit diese ausdrücklich angegeben sind. Die Rechte für die Abbildungen des Objektes werden unterhalb der großen Ansichten (die über ein Anklicken der kleineren Ansichten erreichbar werden) angezeigt. Sofern dort nichts anderes angegeben ist, gilt für die Nutzung das gerade Gesagte. Auch bei der Verwendung der Bild-Informationen sind unbedingt der Name des Museums und der Name des Fotografen bzw. der Fotografin zu nennen.
Jede Form der kommerziellen Nutzung von Text- oder Bildinformationen bedarf der Rücksprache mit dem Museum.