Der wegen seiner Vielseitigkeit und Originalität hochgeschätzte Künstler betätigte sich vor allem als Zeichner, Radierer und Buchillustrator. Er war u.a. Schüler von François Boucher. In Allegorien, Genreszenen, Darstellungen aus dem öffentlichen und privaten Leben hielt der Künstler geistreich fest, was ihm an Bemerkenswertem auffiel und wurde dadurch zum Chronisten seiner Zeit. Saint-Aubins Verhältnis zur Zeichnung wird als ein geradezu manisches geschildert. Die Skizzen seiner Streifzüge durch die Stadt enthalten oft neben der Angabe des Standortes das genaue Datum und die Uhrzeit. Gelegentlich gibt es sogar Angaben zum Wetter. Berühmt sind Saint-Aubins kommentierte Randzeichnungen in Ausstellungs-, Sammlungs- und Versteigerungskatalogen, die wegen ihrer Genauigkeit heute als Quellenwerke betrachtet werden.
Die Tatsache, daß dieser lebenssprühende, exotische Bacchantenzug wahrscheinlich kurz vor Ausbruch oder sogar schon während der zum Tode des Künstlers führenden Krankheit entstanden ist, berührt merkwürdig. Ungewöhnlich für Saint-Aubin sind auch das barocke Thema und die Dimensionen des Blattes. Arnolds deutete es aufgrund der Art der Schraffierung als Entwurf für eine nicht ausgeführte Radierung. Die mehrfache Signierung und der Randkommentar des Künstlers stützen diese These.
Text: Sigrid Achenbach in: Das Berliner Kupferstichkabinett. Ein Handbuch zur Sammlung, hg. von Alexander Dückers, 2. Auflage, Berlin 1994, S. 324, Kat. VI.22 (mit weiterer Literatur)
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