Auf einem weißen, hölzernen Unterschrank mit 15 Schüben für Kulissen, Setzstücke und Figuren befindet sich der Theateraufsatz mit klassizistischem Prospekt und aufgesetzten Messingpilastern, darüber eine Leier mit Lorbeerzweigen. Vorgesetzt ist ein Lichtkasten zur Beleuchtung der Kulisse mit zwei gläsernen, beklebten Drehscheiben, die ein gebrochenes Licht für Nebeleffekte ergeben. In den Schubfächern liegen verschiedene Kulissensätze, z.B. der „Suezkanal", oder das „Japanzimmer" sowie Figuren populärer Weltliteratur zum Spiel bereit. Die Figuren wurden auf Holzklötzchen gesetzt und mit Drähten geführt.
Gebaut wurde dieses Papiertheater vermutlich von einem Schreiner in Berlin, um 1900 für das „Große Schreiber-Theater" mit den auf Karton aufgezogenen und ausgeschnittenen chromolithografischen Drucken nach Entwürfen von Theodor Guggenberger (1866-1929). Inszenierungen mit der Hilfe von Papiertheatern waren vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jh. beliebte Beschäftigung in bürgerlichen Kinderzimmern. Bedeutende Bilderbogenverlage wie J. F. Schreiber in Esslingen lieferten Ausschneidebogen und Texthefte. „Aufgeführt“ wird hier ein Theaterstück nach dem seinerzeit berühmten Roman „Die Reise um die Erde in 80 Tagen“ von Jules Verne (1873): Die Exotik des indischen Palasts dient als Kulisse für die Szene, in welcher der Reisende Phileas Fogg die Witwe des Maharadschas vom Tode errettet. Mit seiner kleinen Bühne und seinen Dekorationen aus ausgeschnittenen Bilderbogen entstehen ganze Miniaturwelten. Vorgeführt in einem dunklen Raum wird der Blick des faszinierten Publikums auf das Geschehen gelenkt.
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