Die Figur war Teil einer Deësis-Gruppe (Fürbitte von Maria und Johannes dem Täufer an beiden Seiten von Christus; die zugehörigen Skulpturen des Weltenrichters und der Muttergottes --Inv. Nr. 7670, 7671-- sind seit 1945 verschollen). Weltgerichtsdarstellungen, in denen der Erlöser von Figuren der für die sündige Menschheit bittenden Muttergottes und Johannes flankiert wird, wurden um die Jahrtausendwende aus Byzanz ins Abendland importiert und waren dort in fast allen Gattungen üblich. Der Typ der knienden Interzessoren hat sich speziell in der Skulptur und zwar besonders im Tympanon verbreitet, dessen Bogenform sich bestens für die Haltung der Fürbittenden eignete. Die Darstellung, die nicht selten um kleinere Engelsfiguren mit den Leidenswerkzeugen Christi weiter außen erweitert wurde, ersetzte in knapper Form das vor allem im 12. Jahrhundert weit komplexere Jüngste Gericht mit dem Weltenrichter und der Scheidung der Seelen.
(Auszug aus: Tobias Kunz, Bildwerke nördlich der Alpen. 1050 bis 1380. Kritischer Bestandskatalog der Berliner Skulpturensammlung, Petersberg, Michael Imhof Verlag 2014)
Entstehungsort stilistisch: Südwestdeutschland (aus St. Georgen im Schwarzwald?)
de