Der königlich preußische Kapellmeister Bernhard Anselm Weber (1764–1821) war seit 1792 Mitdirektor am Berliner Nationaltheater. Hier brachte er italienische Opern sowie Kompositionen von Gluck und Händel zur Aufführung, schuf selbst Opern, Singspiele sowie Lieder und vertonte eine Reihe von Werken von Schiller, Goethe oder August von Kotzebue. Carl Maria von Weber, der die Uraufführung von Kotzebues historisierendem Schauspiel »Deodata« (1810) in der Vertonung des namensgleichen Kollegen am 4. August 1811 in München besprach, lobte »den vielerfahrnen, gewiegten Meister, der nebst richtiger Declamation und Ausdruck, alle Künste einer effektvollen Instrumentation, mit einer ausgezeichneten Kenntnis der Szene in sich vereinigt«, vermißte allerdings »blühende Phantasie« (zit. nach: Carl Maria von Weber, ein Lebensbild, Bd. 3, Leipzig 1866, S. 44–45). Nichtsdestotrotz war es diese Musik des Berliner Kapellmeisters Weber, die dem sowohl auf der Bühne als auch konzertant aufgeführten Drama zum Durchbruch verhalf. So ist es eben die Partitur der »Deodata«, an der Bernhard Anselm Weber auf diesem fast überrealistischen, allerdings stark beschädigten Brustbildnis arbeitet. Nach brieflicher Mitteilung von Helmut Börsch-Supan dürfte es sich bei dem Künstler um Carl Kretschmar handeln, der seit 1805 in Berlin ansässig war und als herausragender Porträtist galt. In großer Nahsicht hat er Weber gegeben, gleichsam so, als würde er dem Betrachter unmittelbar gegenüber sitzen. Dadurch wirkt das Bildnis trotz aller klassisch-repräsentativen Attribute deutlich intimer als jenes von Ludwig Wolf, das in einer Radierung Friedrich Jügels verbreitet war (ein Exemplar in der Theatergeschichtlichen Sammlung und Hebbelsammlung, Kiel). | Regina Freyberger
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