museum-digitaldeutschland
STRG + Y
de
Stadtmuseum Hagen [Hagener Stücke]. 111 Objekte aus dem Stadtmuseum [2017/83]
Aussteuer- und Hochzeitstruhe (Stadtmuseum Hagen RR-R)
Herkunft/Rechte: Stadtmuseum Hagen / Heike Wippermann (RR-R)
1 / 1 Vorheriges<- Nächstes->

Aussteuer- und Hochzeitstruhe

Kontakt Zitieren Datenblatt (PDF) Originalversion (Datensatz) Entfernung berechnen Zum Vergleich vormerken Graphenansicht

Beschreibung

Die Truhe gehört zu einer Sammlung von mehr als 30 weiteren im Bestand des Stadtmuseums Hagen. Es handelt sich um eine Standseitentruhe, wie sie seit dem 15./16. Jahrhundert in Westfalen und im Rheinland verbreitet war. Während des 17. und 18. Jahrhunderts erlebten die reich geschnitzten, auf Kufen gestellten Standseitentruhen im Nordwesten der Grafschaft Mark, im Gebiet des Stifts Essen sowie in der Reichsstadt Dortmund eine Blütezeit.
Sie fanden vor allem Verwendung als kunstvoll verzierte „Hochzeitstruhen“. Es waren Truhen, die nach einem Eheversprechen bzw. vor der vollzogenen Hochzeit zur Aufbewahrung der angesammelten Aussteuer dienten. Die Brautfamilie sammelte Bekleidung, Hausrat und andere Gegenstände – die „Aussteuer“. Mit der Truhe wurde sie bei der Hochzeit an die Braut bzw. das Brautpaar übergeben. Diese rituelle Form des Gabentausches und die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine versprochene Ehe waren unter anderem auch Bestandteil eines Ehevertrages. Vor allem adelige, aber auch bürgerliche Familien regelten seit dem Spätmittelalter die Ehe mit allen ihren Aspekten und Folgen in eigenen Verträgen.
Auch im vorliegenden Fall handelt es sich um eine so genannte Hochzeits- bzw. Aussteuertruhe. An den mit Kufen versehenen beiden Standseiten befinden sich zwei eiserne Tragegriffe. Das zweifach geschwungene Sockelbrett und die Vorderseite sind mit einem umlaufenden Zwickelmuster sowie Schnitzwerk aus Zweigen und Blüten reich verziert. Auf den Stegen der Arkaden finden sich geschnitzte Inschriften: „ANNO 1777“, unter dem Schlossblech aus Messing „ANA / MAR / GRET / ZEN / IN / DER / PR / EUTENBOR / BECK“. Die Truhe wurde folglich im Jahr 1777 für Anna Margret in der Preutenborbeck angefertigt.
Die Ortsbezeichnung bezieht sich auf das bereits im Hochmittelalter erwähnte Gut in der Preutenborbeck („de olde Borbeck“) in der Nähe von Holsterhausen im Gebiet des Stifts Werden bei Essen. Schwieriger gestaltet sich die Zuordnung der Truhe zu einer bestimmten Person. Nach den Stammtafeln der katholischen Familie Preutenborbeck handelte es sich vermutlich um die am 28. April 1763 in Holsterhausen getaufte Anna Margaretha (†12.1.1843). Sie war eine Tochter des Hofbesitzers Friedrich Ludger Preutenborbeck (*1710) und seiner Ehefrau Agnes Margarete, geborene Oberheßper. Soweit ist die Zuordnung nachvollziehbar, zumal es sich nach den Stammtafeln um die einzige von der Datierung passende Angehörige der Familie – eine andere Schreibweise kann ausgeschlossen werden – mit diesem Vornamen handelt. Doch ein Zusammenhang mit ihrer Hochzeit wirkt ungleich schwieriger.
Am 5. Oktober 1790 heiratete Anna Margaretha den vier Jahre jüngeren Landwirt Johannes Ludger Oberborbeck (*1767, †1829) in Heidhausen. Dieses Hochzeitsdatum stimmt nicht mit der Jahreszahl „Anno 1777“ auf der Truhe überein. Eine Erklärung könnte sein, dass es 1777 zum Eheversprechen zwischen den beiden Familien der zukünftigen Brautleute gekommen war. Im Anschluss daran könnte die Truhe für die Aussteuer der vierzehnjährigen Anna Margaretha Preutenborbeck angelegt worden sein. Allerdings vergingen in diesem Fall noch dreizehn Jahre bis zur Hochzeit. Die Braut war bei der Heirat im Jahre 1790 bereits 27, der Bräutigam 23 Jahre alt – sofern es sich bei unserem Stück tatsächlich um die Truhe der 1763 geborene Anna Margaretha Preutenborbeck handelt.

Stephanie Marra

Material/Technik

Eiche & Eisen & Messing / geschnitzt & gezapft & gedübelt

Maße

H 77 cm; B 150 cm; T 53 cm

Literatur

  • Baumeister, Stefan (2012): Beschlagene Kisten. Die ältesten Truhen Westfalens, (Schriften des LWL-Freilichtmuseums Detmold - Westfälisches Landesmuseum für Volkskunde 34). Essen
  • Blank, Ralf; Freiesleben, Dietmar (Hrsg.) (2017): [Hagener Stücke]. 111 Objekte aus dem Stadtmuseum. Essen, S. 198f
  • Borchers, Walter (1970): Volkskunst in Westfalen. Münster
  • Preutenborbeck, Paul (1935): Stammtafel und kurze Geschichte der Familie Preutenborbeck. Wuppertal
Karte
Stadtmuseum Hagen

Objekt aus: Stadtmuseum Hagen

Das Stadtmuseum Hagen ist seit November 2015 geschlossen. Die Wiedereröffnung wird im April 2021 anlässlich des 275-jährigen Stadtjubiläums erfolgen....

Das Museum kontaktieren

[Stand der Information: ]

Hinweise zur Nutzung und zum Zitieren

Die Text-Informationen dieser Seite sind für die nicht-kommerzielle Nutzung bei Angabe der Quelle frei verfügbar (Creative Commons Lizenz 3.0, by-nc-sa) Als Quellenangabe nennen Sie bitte neben der Internet-Adresse unbedingt auch den Namen des Museums und den Namen der Textautorin bzw. des Textautors, soweit diese ausdrücklich angegeben sind. Die Rechte für die Abbildungen des Objektes werden unterhalb der großen Ansichten (die über ein Anklicken der kleineren Ansichten erreichbar werden) angezeigt. Sofern dort nichts anderes angegeben ist, gilt für die Nutzung das gerade Gesagte. Auch bei der Verwendung der Bild-Informationen sind unbedingt der Name des Museums und der Name des Fotografen bzw. der Fotografin zu nennen.
Jede Form der kommerziellen Nutzung von Text- oder Bildinformationen bedarf der Rücksprache mit dem Museum.