Der in Greifswald geborene Künstler Caspar David Friedrich zählt zu den bedeutendsten Vertreten der deutschen Romantik. Viele seiner Landschaftsbilder, so auch das Kreuz an der Ostsee, wollte der Künstler offensichtlich als christlich-religiöse Allegorien verstanden wissen.
Auf einer die Horizontlinie überragenden Felsenspitze am Ufer der See steht ein monumentalhaft die Komposition beherrschendes Kreuz. Es ist schräg in den Raum gestellt und damit frontal von den beiden links in der Ferne erkennbaren Segelschiffen zu sehen, die im Mondschein auf die Küste zu steuern. Vor dem kreuztragenden Felsen liegt ein großer Anker neben einem Ruder und Stangen zum Staken von Booten. Schon die formale Platzierung des Kreuzes, das sich über seinen irdischen Standplatz in den Himmel erhebt und damit eher der jenseitigen Sphäre zugewiesen ist, deutet eine tiefere inhaltliche Bedeutung der Bildgegenstände an. Der augenscheinliche Befund wird durch eine knappe Erklärung Friedrichs zu dem Bild bestätigt, die er in einem Brief an die Malerin Louise Seidler im Mai 1815 äußert: „Am nackten steinigen Meeresstrande steht hochaufgerichtet das Kreutz, denen so es sehn ein Trost, denen so es nicht sehn ein Kreutz.“ Aus den Worten des Künstlers wird ersichtlich, dass die Darstellung zumindest für den in die christliche Ikonographie eingeweihten Betrachter eine emblematisch verschlüsselte Verständnisebene bereithält: Jenen, die über das konkret Dargestellte ‚hinauszusehen‘ vermögen und das Kreuz gleichsam vor dem geistigen Auge als christliches Symbol erkennen, spendet es Trost. Für alle anderen ist es nichts weiter als der bloße Gegenstand. In diesem Sinne weitergedacht, kann auch der Fels als gängiges Zeichen für die Standhaftigkeit des Glaubens aufgefasst werden, während der Anker die Hoffnung in Christo versinnbildlicht.
Heute ist das Gemälde mit weiteren Werken des Malers im Neuen Pavillon im Schlosspark Charlottenburg ausgestellt.
Jessica Korschanowski
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