Osiris zählt zu den wichtigsten und ältesten Gottheiten des ägyptischen Pantheons, ebenso zu den bekanntesten. Ursprünglich galt er als Erd- und Fruchtbarkeitsgott, der ständiges Werden und Vergehen der Natur symbolisierte. Daneben verehrte man ihn als mythischen Urkönig und Herrschergott, der seine Macht von seinem Vater, dem Erdgott Geb, erhalten hatte. Zum umfangreichen Osirismythos, dessen Hauptelemente sich schon im Alten Reich herausbildeten und der über die Jahrtausende hinweg immer weiter ergänzt wurde, gibt es verschiedene Überlieferungen. Am bekanntesten ist die ausführliche Darstellung des griechischen Schriftstellers Plutarch (um 46-120 n. Chr.): Osiris regierte zu Urzeiten Ägypten, was den Neid seines Bruders Seth erweckte. Dieser tötete Osiris durch eine heimtückische List, zerstückelte dessen Leiche und verstreute die Körperteile über ganz Ägypten. Durch die Gemahlin und Schwester des Osiris, Isis, wurden die Leichenteile allerdings wieder geborgen. Ab dieser Stelle setzen verschiedene Mythenversionen ein. Eine von ihnen besagt, dass Isis jeden Körperteil dort, wo sie ihn fand, begrub. In einer anderen vereinigte sie die Körperteile wieder und umhüllte sie mit Binden (Mumifizierung). Durch die Fürsorge von Isis und der gemeinsamen Schwester Nephtys wurde der Leichnam des Osiris zu neuem Leben erweckt. Von ihrem wiederbelebten Gatten empfängt Isis den Sohn Harpokrates (»Horus, das Kind«). Dieser rächte später den Tod seines Vaters in langwierigen Kämpfen, die er gegen Seth austrug. Schließlich tötete er seinen Widersacher mit einem Speer. Osiris wurde durch ein Göttergericht zum Herrscher der Totenwelt ernannt, sein Sohn trat die Herrschaft auf Erden an. Seth stand dagegen als Gott des Chaos und der Verwirrung außerhalb des geordneten Universums. Bereits seit der 5. Dynastie (um 2450-2290 v. Chr.) wurde der tote König mit Osiris, der nachfolgende Herrscher mit dessen Sohn Horus gleichgesetzt. Vermutlich seit der 1. Zwisc