Die Zärtlichkeit, mit der Maria ihr Kind umfaßt und die Wange an sein Köpfchen schmiegt, begleitet ein ahnungsvoller zur Seite gehender Blick, der schon auf das spätere Schicksal Christi hindeuten mag. Die Tafel war der linke Flügel eines zeiteiligen, zur privaten Andacht geschaffenen Klappaltärchens (Diptychon), auf dessen verlorener Seite wahrscheinlich eine Kreuzigung oder, ähnlch wie bei Lorenzetti, ein Schmerzensmann zu sehen war. Die Madonnendarstellung zählt zu den wenigen signierten Werken Lippo Memmis und ist seinem Spätwerk zuzuordnen. Er war Schüler des Simone Martini, eines der bedeutendsten Meister des 14. Jahrhunderts, mit dem er durch die Heirat seiner Schwester auch verwandtschaftlich verbunden war. Neben dem 1317 in San Gimignano im Palazzo Pubblico fertiggestellten Fresco der Maestà gehört die in Zusammenarbeit mit Simone entstandene Verkündigung (Florenz, Uffizien) zu seinen bekanntesten Wirken. Lange wurde Lippo Memmi als bloßer Nachahmer seines Meisters angesehen. Dieser Eindruck wird heute durch eine beachtlicher Anzahl an Neuzuschreibungen korrigiert.