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Landesmuseum für Vorgeschichte Halle Grabausstattung eines hermundurischen Fürsten von Quetzdölsdorf, Ldkr. Anhalt-Bitterfeld (65 – 90 n. Chr.)

Grabausstattung eines hermundurischen Fürsten von Quetzdölsdorf, Ldkr. Anhalt-Bitterfeld (65 – 90 n. Chr.)

Im November 1982 wurde bei Bauarbeiten am Rand des Sportplatzes in Quetzdölsdorf ein germanisches Fürstengrab entdeckt. Bei den Fundgegenständen handelt es sich um römisches Importgut der älteren römischen Kaiserzeit. Vom bestatteten Fürsten konnte man nur noch die unteren Extremitätsknochen in Originallage beobachten, welche westnordwest-ostsüdöst orientiert und in einem hölzernen Sarg eingebettet worden waren. Die Grabbeigaben im westlichen Teil des Grabes, welche sich vermutlich in Bauchnähe des Toten befanden, wurden vom Bagger aus dem Grab gerissen und mussten tlw. aus dem Abraum gesammelt werden. Zu den Grabbeigaben gehörten: ein Bronzeeimer, in dem sich eine Kelle-Sieb-Garnitur zum Abseihen der Weingewürze befand, daneben zwei Kasserollen aus Bronze, eine bronzene Bügelschere, ein durch Bronzeringe zusammengehaltener Grill aus Eibenholz und ein zerschelltes Keramikgefäß. Im erhaltenen Teil des Fürstengrabes fand man neun rechteckige Bronzeplatten,die zusammen mit einem bronzenen Reitersporn zum Schuhwerk des Toten gehört haben. Zudem entdeckte man einen verzierten Doppelknopf und eine Klammer aus Bronze.

Germanische Gräber, die reich mit Importgegenständen aus dem römischen Imperium ausgestattet wurden, sind mehrfach bekannt. Über Beigabenreichtum hinaus zeichnen sich diese Gräber durch die sonst unübliche Körperbestattung aus, während alle anderen Toten zu dieser Zeit brandbestattet wurden; zum anderen wurden diese reich ausgestatteten Fürsten abseits der regulären Gräberfelder beigesetzt. Die Distanzierung von der allgemeinen Bevölkerung spiegelt sich zudem in der Übernahme römischer Trinksitten bei germanischen Gastmählern wieder.
Diese Bestattung eines hermundurischen Fürsten von Quetzdölsdorf weist nicht nur römische Importgegenstände in einem germanischen Grab auf, sondern zeigt durch die reichen Grabbeigaben und die Beisetzung fernab der restlichen Bevölkerung, die hohe soziale Stellung des Bestatteten.

[ 8 Objekte ]

Kegelhalsgefäß aus dem Fürstengrab von Quetzdölsdorf, Ldkr. Anhalt-Bitterfeld

Handgeformtes Kegelhalsgefäß (aus Situlengruppe) mit hohem konischem Unterteil, schmaler Schulter, ausgeprägtem Schulter-Hals-Absatz, Kegelhals und kurzem ausgebogenem und oben horizontal abgestrichenem Rand; hermundurisch; Schwarzglanzkeramik (Rauchschwärzung).

Bronzerne Bügelschere aus dem Fürstengrab von Quetzdölsdorf, Ldkr....

Bronzeschere mit halbkreisförmigem Bügel (Bügelschere); germanisch; Klingen gerade und am Rücken einseitig verstärkt; Schneiden beidseitig geschliffen; auf dem Bügel Mittelwulst und Doppellinienverzierung.

Römischer Bronzeeimer aus dem Fürstengrab von Quetzdölsdorf, Ldkr....

Bronzeeimer zum Mischen von Wein, Wasser und Gewürzen. Bronzeeimer (Situlenform) mit Gesichtsattachen, langem Hals, betonter Schulter und waagrechtem, mit "laufendem Hund"- Muster verziertem Rand. Gegossen, getrieben (Treibspuren vor allem im Gefäßmittelteil) und abgedreht mit Drehrillen am Hals bis zum Umbruch und kurz über und auf dem Boden; Reitstockabdruck. Keine Lötspuren als Hinweis auf Füßchen. Palmettenförmige Attachen mit Kopf en face und beidseitig angesetzten stilisiertem Tierkopf. Profilierte Henkelösen über dem Mittelscheitel. Henkel durch Längsriefen profiliert, das letzte Viertel des Henkels ist jeweils durch einen Querwulst abgesetzt, darunter blattförmiger Fortsatz, dessen Ende als stilisierter Tierkopf dargestellt ist. Auf der Henkelmitte Ringöse mit Ornament aus Halbkreisbögen. Attachen und Henkel wurden gegossen.

Reitersporn aus dem Fürstengrab von Quetzdölsdorf, Ldkr. Anhalt-Bitterfeld

Sporen aus Bronze mit H-förmigem Stuhl (Stuhlsporn) und trapezförmiger Platte; Sockel des Eisenstachels durch drei Ringwülste verziert; Eisenstachel vierkantig; Platten an den Außenseiten randparallel profiliert.

Römische Kelle-Sieb-Garnitur aus dem Fürstengrab von Quetzdölsdorf, Ldkr....

Römische Kelle-Sieb-Garnitur aus Bronze zum Abseihen der Weingewürze. Kelle: halbkugelige Form, aus einem Stück gearbeitet, Rand horizontal umgelegt; auf der Bodenunterseite zwei feine konzentrische Doppelrillen; schmaler Griff, am Ende breiter werdend, Griffabschluss gerade mit kleiner kopfförmiger Verlängerung. Sieb: halbkugelige Form, aus einem Stück gearbeitet, Teile der Wandung fehlen; Rand horizontal ausgelegt; schmaler Griff, am Ende breiter werdend, Griffabschluss gerade mit kleiner kopfförmiger Verlängerung; Siebdurchlochung in Form eines Mäanderbandes oben durch waagerechte Lochreihen und unten durch radiale Bogenbänder begrenzt; Durchlochung von innen nach außen durchgeführt, aber mehrfach nicht vollendet.

Holzgriff mit Bronzeringen aus dem Fürstengrab von Quetzdölsdorf, Ldkr....

Zweischaliger, ursprünglich durch drei Bronzeringe zusammengehaltener Messer(?)-Griff aus gedrechseltem Eibenholz.

Römische Kasserollen aus Bronze aus dem Fürstengrab von Quetzdölsdorf, Ldkr....

Zwei Kasserollen (= Kochgeschirr des römischen Legionärs) aus Bronze mit flachem Boden und konzentrischen Drehrillen und Reitstockabdruck innen und außen. Griffe mit zentraler kreisrunder Durchlochung und mit randparallelen Kerben, perlartigen Kerbleiste verziert; innen und im äußeren Randbereich verzinnt; Drehrillen im Randbereich außen.

Riemenbeschläge aus dem Fürstengrab von Quetzdölsdorf, Ldkr. Anhalt-Bitterfeld

Germanische Riemenbeschläge der Fuß-/Beinbekleidung aus Bronze: Drei vollständige und fünf (von sechs) in Teilen vorhandene rechteckige Bronzeplatten mit jeweils einem Nietstift an den Schmalseiten; eine Bronzeklammer; ein Doppelknopf mit schmalem Verbindungssteg und zwei Nietstiften.

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