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Potsdam Museum - Forum für Kunst und Geschichte Arbeiten zum Rathaus und Wettbewerb Rathaus-Erweiterung

Arbeiten zum Rathaus und Wettbewerb Rathaus-Erweiterung

Seit 1908 befasste sich der Potsdamer Magistrat immer wieder mit der Frage eines neuen Rathauses. Der aus der Zeit Friedrichs II. stammende Bau am Alten Markt war von Anfang an zu klein und die um 1900 darin herrschenden räumlichen und klimatischen Verhältnisse für die wachsende Beamtenschaft unzumutbar geworden. Reinhold Mohr vom Stadtbauamt entwarf daher bis zum Sommer 1912 nach ersten Skizzen das vorliegende Projekt eines neuen Rathauskomplexes am Alten Markt. Im Jahr 1913 folgte dann die öffentliche Ausschreibung eines Wettbewerbs, an dem sich neben Mohr 151 weitere Architekten beteiligten. Letztlich vermochte keiner der Entwürfe zu überzeugen.

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Rathaus-Erweiterung Potsdam, Vorentwurf

Als erste Arbeit nach Antritt seiner Stelle beim Stadtbauamt in Potsdam am 1. Juli 1911 hatte sich Reinhold Mohr mit dem Um- und Erweiterungsbau des Rathauses am Alten Markt zu befassen. Das bis 1755 erbaute Rathaus war bereits das vierte an diesem Platz und ersetzte einen erst 30 Jahre alten Vorgänger. Der Neubau hatte vor allem der friderizianischen Stadtverschönerung zu dienen; seine Aufgabe als Sitz der Kommunalverwaltung war dagegen nur zweitrangig. So besaß Potsdam ein schönes Rathaus, das von Anfang an viel zu klein war. An der Raumnot, die sich durch die Städteordnung von 1808 und die damit verbundenen, immer umfangreicher werdenden Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung noch steigerte, änderten weder die häufigen Umbauten etwas noch die ab 1875 erfolgten Ankäufe von Nachbarhäusern. So hegte der Magistrat seit 1911 den Plan, entweder das Rathaus zu verlegen oder aber – und dafür schuf Mohr das vorliegende Projekt – das gesamte Quartier bis zum Blücherplatz dafür umzubauen. [Thomas Sander] Blattangaben: o.l.: Rathaus. Potsdam. 1911 / R Mohr.; u.m.: Ansicht vom Alten Markt.; u.r.: R. Mohr 1911.

Rathaus-Erweiterung Potsdam, Vorentwurf

Die Skizze zeigt die Nordseite der Brauerstraße zwischen Altem Markt und Blücherplatz. Zu sehen ist eine monumentale, neobarocke Fassadenfront von teilweise viereinhalb Geschossen, wie sie sich der damals noch junge Angestellte im Stadtbauamt Reinhold Mohr für den neuen Rathauskomplex zwischen Altem Markt, Brauer- und Scharrenstraße sowie Blücherplatz vorstellte. Zu diesem Entwurf gehört ein weiteres Blatt (AT-2016-99), auf dem die Ostseite des Alten Marktes mitsamt dem barocken Rathaus zu sehen ist. Auf ihm greift die geplante Bebauung sogar auf die Nordseite der Scharrenstraße über. Ziel dieser Visualisierungen war wohl die Klärung der Frage, inwieweit ein solches Verwaltungsquartier den Anforderungen einer modernen Stadtverwaltung nicht nur funktional, sondern auch städtebaulich und architektonisch gerecht werden kann. Es zeigt sich aber schon hier mehr als deutlich, dass bis auf die Hülle des Rathauses die gesamte barocke Substanz in diesem Quartier geopfert werden müsste. [Thomas Sander] Blattangaben: o.l.: Rathaus Potsdam 1911. R Mohr.; u.m.: Brauerstr. - Ansicht.; u.r.: R. Mohr 1911

Rathaus-Erweiterung Potsdam, Erster Entwurf

Seit 1908 befasste sich der Potsdamer Magistrat immer wieder mit der Frage eines neuen Rathauses. Der aus der Zeit Friedrichs II. stammende Bau am Alten Markt war von Anfang an zu klein und die um 1900 darin herrschenden räumlichen und klimatischen Verhältnisse für die wachsende Beamtenschaft unzumutbar geworden. Während sich andere Städte im Deutschen Kaiserreich wie Leipzig, Dresden und Hamburg aufgrund ihres wirtschaftlichen Potentials neue Rathäuser leisteten, besaß die kleine Residenzstadt Potsdam diese Möglichkeiten nicht. Obwohl beizeiten erkannt wurde, dass eine Verlegung des Rathauses günstiger wäre – so würde ein Ausbau am Alten Markt drei Millionen, ein Neubau auf preiswerterem Boden außerhalb „nur“ zwei Millionen Mark kosten – konnte man sich nicht zu einer Dezentralisierung der Verwaltung entschließen. Reinhold Mohr vom Stadtbauamt entwarf daher bis zum Sommer 1912 nach ersten Skizzen (vgl. AT-2016-100) das vorliegende Projekt eines neuen Rathauskomplexes am Alten Markt. [Thomas Sander] Blattangaben: o.l.: Rathaus Potsdam 1912; u.r.: R. Mohr.

Rathaus-Erweiterung Potsdam, Erster Entwurf

Bevor sich der Potsdamer Magistrat dazu entschloss, einen Wettbewerb für das neue Rathaus auszuloben, ließ er von Juli 1911 bis März 1913 den in der Bauberatung des Stadtbauamtes tätigen Architekten Reinhold Mohr Ideen für eine Erweiterung des Altbaus am Alten Markt ausarbeiten. Die vorliegende, mit Bleistift und Lineal konstruierte Ansicht zeigt die Fassade des von ihm projektierten Komplexes am Blücherplatz. Dazu gehört im Übrigen auch eine Ansicht mit der Fassade Am Alten Markt (AT-2016-104). Mohr entwickelte, ausgehend von den Geschosshöhen und Öffnungsmaßen des Altbaus, malerisch gegliederte Baukörper im Stil der damals hochaktuellen Heimatschutzarchitektur. Während über dem zweigeschossigen Werksteinsockel die palladianische Säulenarchitektur des Altbaus auf der linken Seite wiederaufscheint, adaptiert der rechte Bauteil Elemente des barocken Potsdamer Bürgerhauses. Wie am Alten Markt so sollte auch am Blücherplatz eine Tordurchfahrt das Innere des Rathauskomplexes erschließen. [Thomas Sander] Blattangaben: o.l.: Rathaus Potsdam 1912; u.l.: Ansicht vom Blücherplatz.; u.r.: R. Mohr 1912.

Rathaus-Erweiterung Potsdam, Erster Entwurf

Seit Juli 1911 war Reinhold Mohr mit dem Entwurf des Rathauskomplexes am Alten Markt befasst. Dabei flossen auch Angaben von Stadtbaumeister Werner Moritz Schmidt (1881 – 1915), seinem damaligen Chef in der Hochbauabteilung, mit ein. Zur anschaulichen Visualisierung des Projektes fertigte Reinhold Mohr im darauffolgenden Jahr mehrere große Perspektiven in Kohle und Pastell. Von diesen Schaubildern mit einer beachtlichen Größe von 1,60 Meter mal 1,10 Meter haben sich nur drei auf Pappe gezogene Lichtbilder (vgl. AT-2015-171) erhalten. Die Originale sind nach eigenen Angaben beim Luftangriff auf Potsdam im April 1945 verbrannt. Ausdrücklich vermerkte Mohr noch 50 Jahre später, dass es sich hierbei nicht um Wettbewerbsbeiträge handelte; gemeint ist der Rathaus-Wettbewerb von 1913. Die hier aus der Humboldtstraße aufgenommene Front ist eine genaue Wiedergabe der Fassadenabwicklung auf Blatt AT-2016-104, bei der vor allem das Reiterstandbild auf der Ecke zur Brauerstraße ins Auge springt. [Thomas Sander] Blattangaben: u.l.: Erster Entwurf zum Potsdamer Rathaus. (nicht Wettbewerb) verbrannt. / Entw. u. gez. R. Mohr. 1912. / Grösse des Bildes ca. 1,60 x 1,10. Lichtbild: Heinrich Zwirnemann, Potsdam, Waisenstraße 56

Rathaus-Erweiterung Potsdam, Erster Entwurf

Es ist nicht bekannt, wie viele Schaubilder Reinhold Mohr zum internen Rathausprojekt des Stadtbauamtes geschaffen hat. Er selbst vermerkte in seiner „Aufstellung“ von 1965 „3 kleine Kopien von 1,10 x 1,60 m großen Kohle-Perspektiven“. Mit Kopien meinte er eigentlich Lichtbilder (vgl. auch AT-2015-170). Bei den Originalen handelte es sich nicht nur um Kohlezeichnungen, denn bei der vorliegenden Innenhofperspektive zeigt sich schon mit bloßem Auge ein pastoser Auftrag von verschiedenen, übereinanderliegenden Farbtönen. Mohr selbst gab hier als Technik Pastell an. Dargestellt ist der Bereich der Scharrenstraße nördlich des Rathauses. Links hinter dem Tor liegt der Alte Markt mit der Nikolaikirche und rechts, im Rücken des Betrachters, würde der Blücherplatz folgen. Der nördliche Straßenbereich ist durch einen halbkreisförmigen, schlossartigen Monumentalbau platzartig erweitert. Für dieses Projekt hätten mehr als ein Dutzend barocke Bürgerhäuser im Quartier abgerissen werden müssen. [Thomas Sander] Blattangaben: u.l.: Innenhof zum ersten Entwurf Potsdamer Rathaus (nicht Wettbewerb) im Stadtschloss das Bild verbrannt. / Gemalt (Pastell) u. entw. R. Mohr. 1912. / Architektur teils von Stadtbaumeister Schmidt.; u.r. im Bild: Entwurf für den Neubau / eines Rathauses / zu Potsdam. / Potsdam im April 1912. Mohr. Lichtbild: Heinrich Zwirnemann, Potsdam, Waisenstraße 56

Rathaus-Wettbewerb Potsdam, Grundriss 1. Obergeschoss

Mit dem im September 1912 erfolgten Ankauf des Palastes Barberini durch die Stadt hatte sich die Suche nach einem anderen Standort für das geplante Rathaus erledigt. Bis dahin standen noch das Gelände der Leibgendarmerie am Luisenplatz und der Bassinplatz zur Auswahl. Kurz darauf empfahl die Stadt „den Platz zwischen Altem Markt und Blücherplatz gleichsam als den Kern für das aufzustellende Projekt anzusehen“ und hier die wichtigsten Räume wie den Stadtverordnetensaal und den Magistratssitzungssaal zu konzentrieren. Nur Büros, die nicht mit der Hauptverwaltung zusammenhängen, sollten nach dem Palast Barberini verlegt werden. Eine Brücke dahin war freigestellt. Am 1. August 1913 schrieb die Stadt einen öffentlichen Wettbewerb für ein neues Rathaus aus. Mohr hatte sich mit seinem Wettbewerbsbeitrag unter dem Motto „Alt und Neu“ zwar streng an die Vorgaben gehalten, doch die partiell verwinkelte Grundriss-Struktur mit ihren schwierigen Anschlüssen und Resträumen kann nicht überzeugen. [Thomas Sander] Blattangaben: o.l.: Rathaus-Wettbewerb. Potsdam.; o.r.: Motto:; u.m.: 1. Obergeschoss. / M 1:200.

Rathaus-Wettbewerb Potsdam, Ansichten Alter Markt, Brauerstraße und Blücherplatz

Der am 1. August 1913 von der Stadt Potsdam öffentlich ausgeschriebene Wettbewerb für ein neues Rathaus, in dessen Jury als prominenteste Vertreter der Mitbegründer des Deutschen Werkbundes Peter Behrens (1868 – 1940) und der Dresdner Stadtbaurat Hans Erlwein (1872 – 1914) saßen, zählte 151 Teilnehmer, darunter auch Reinhold Mohr. Dessen Beitrag unter dem Motto „Alt und Neu“ sollte allerdings schon beim zweiten Rundgang ausscheiden. Weder seine bis dahin geleistete Arbeit am Rathausprojekt noch seine Ort- und Verwaltungskenntnisse konnten ihm einen Vorteil verschaffen. Mehr noch als die Grundrisse (vgl. AT-2015-175) zeigen die Fassaden ein zwar malerisch gemeintes, aber letztlich uneinheitliches Bild. Dies erstaunt etwas, da Mohr in seinem Erstentwurf von 1912 noch sichtlich um Ruhe und Geschlossenheit bei der Verbindung von Alt- und Neubauten bemüht war. Besonders problematisch erscheint vor allem die Ecke zur Brauerstraße mit dem Polygon-Erker und dem Übergang zum Palast Barberini. [Thomas Sander] Blattangaben: o.l.: Wettbewerb: Rathaus. Potsdam.; o.r.: Motto:; m.: Ansicht Am Alten Markt.; u.l.: Ansicht nach der Brauerstrasse.; u.m.: M 1:200.: Ansicht am Blücherplatz.

Rathaus-Wettbewerb Potsdam, Schnitte A-B, C-D, E-F und G-H

Reinhold Mohr war nicht nur Architekt, sondern auch Innenraum- und Möbelgestalter. Dies lässt sich auch an den vorliegenden Schnitten trotz des geringen Maßstabs recht gut erkennen. Vor allem in den größeren Zimmern und Sälen wird eine repräsentative Ausstattung mit Wandbildern, Vertäfelungen und kassettierten Decken angedeutet. Die Raumverteilung war planvoll. So beließ Mohr den Sitz des Oberbürgermeisters und des Magistratskollegiums im Alten Rathaus und ersetzte das Windelbandtsche Haus durch einen Zwischenbau mit Garderobe und Toiletten. Daneben, wo zuvor das Knobelsdorff-Haus stand, plante er in der Flucht der Brauerstraße einen auf den Alten Markt hinausragenden Kopfbau für den Stadtverordnetensaal. Von hier aus hätte ein Übergang zum Palast Barberini geführt. Doch zeigt der Entwurf auch Schwächen; etwa bei der Erschließung der ohnehin kasernenartig wirkenden Büros an der Blücherstraße durch lichtlose Mittelflure oder bei der Fehlnutzung des Turmgeschosses als Kopieranstalt. [Thomas Sander] Blattangaben: o.l.: Schnitt AB.; o.r.: Schnitt CD.; m.l.: Rathaus-Wettbewerb. Potsdam. / M 1:200.; m.: Schnitt EF.; m.u.: Schnitt GH.; u.r.: R. Mohr. 1912.

Rathaus-Wettbewerb Potsdam, Schaubild vom Rathaus-Komplex am Blücherplatz

Seinen Beitrag zum Rathaus-Wettbewerb von 1913 nannte Reinhold Mohr „Alt und Neu“ und betonte damit, dass ihm dieser Gedanke besonders wichtig sei. Dies ließ sich am besten in den ohnehin von der Jury geforderten Schaubildern zeigen. Nebenher konnte Mohr auch seine Fähigkeiten in der stimmungsvollen Wiedergabe räumlicher Situationen unter Beweis stellen. Der Blick geht über den Blücherplatz nach Westen zur rückwärtigen Schmalseite des Rathauskomplexes, den Mohr mit einem polygonalen Standerker wie einen Bug betonte. Der uhrengeschmückte Erker erinnert entfernt an klassische Rathaustürme und wird von einem filigranen Pfeilerkranz bekrönt. Damit verdeckt er aber auch den bis dahin sichtbaren Turm des alten Rathauses (vgl. FS 17375). Nicht nur hier, sondern auch durch die massiven Abrisse historischer Bauten, erscheint bei aller Schönheit im Detail, die beabsichtigte Verbindung von „Alt und Neu“ lediglich als Behauptung – ein Problem, dass aber letztlich alle Wettbewerbsbeiträge betraf. [Thomas Sander] Blattangaben: o.l. auf dem Bild: Motto: / Alt u. Neu.; u.r.: Schaubild von Punkt B.; unter dem großen Bild zwei kleine aufgeklebte Skizzen: l.: Skizze vom Blücherplatz.; r.: Skizze aus der Scharrenstr.

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