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Museum Baruther Glashütte Flaschengeist - Annäherung an einen metaphorischen Werkstoff

Flaschengeist - Annäherung an einen metaphorischen Werkstoff

Über die Sammlung

Ausstellungsprojekt, Eröffnung am 29.8.2021, 14 Uhr mit Performance
Es werden schrittweise Objekte in die Sammlung eingestellt, zunächst Flaschen, die das Museum Baruther Glashütte verwahrt und im Verlauf auch die Kunstobjekte, die im Frühjahr 2021 wesentlich im Glasstudio im Museum Baruther Glashütte entstehen.

Flaschengeist“ - ist ein Glasherstellungs- und Ausstellungsprojekt des Museums Baruther Glashütte/Glasstudio. Die Ausstellung wird kuratiert von Micha Brendel und Georg Goes. Teilnehmende bildende Künstler*innen und Glaskünstler*innen sind Veronica Beckh, Micha Brendel, Barbara Ebner-von-Eschenbach, Peter Kuchinke, Torsten Rötzsch, Detlef Schweiger, Heinrich Weid und Karina Wendt. Sie sind eingeladen, sich mit dem Material Glas auf verschiedenen Ebenen auseinanderzusetzen.
Hierbei soll es vor allem um die Realisierung künstlerisch konzeptioneller Ideen und weniger um kunsthandwerkliche Ansätze gehen.
Der direkte Umgang mit dem Material Glas spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn die Glasmachenden im Glasstudio im Museum Baruther Glashütte sind in der Lage, künstlerische Vorstellungen und Ideen direkt in der Produktionsstätte im Dialog mit den Künstler*innen zu realisieren und ggf. selbst künstlerische Beiträge zu machen. Die Sammlung des Museums stellt historische Glasgefäße, Unterlagen und Technologien zur Verfügung und lädt die Künstler*innen ein, sich auch mit der historischen und alchemistischen Dimension der Glasherstellung zu beschäftigen.
Die Kuratoren verweisen auf die Eigenschaften und die Symbolik des Werkstoffes Glas im Allgemeinen und von Glasflaschen im Besonderen und laden die teilnehmenden Künstler*innen zu einer Auseinandersetzung ein:
Glas ist chemisch-physikalisch schwer zu fassen und wird auch als „vierter Aggregatzustand“ bezeichnet. Glas steht für das Heilige auf der einen und das Vergängliche auf der anderen Seite. Glas und Glasflaschen sind ein Symbol der Reinheit, Sauberkeit und der Moderne – sie lösten Steingut- und Steinzeug-Flaschen ab. Glasflaschen stehen für Nachhaltigkeit und werten den eingefüllten Inhalt auf. Gleichwohl hinterlassen Glasflaschen auch ökologische Spuren (Anthropozän).
Die Flasche ist aber andererseits auch ein Vanitas-Motiv und steht für das Sündige. Sexuell wird „Flasche“ mit der Vulva in Beziehung gebracht und ist im Schimpf „Du Flasche!“ gar eine Beleidigung. Etymologisch wird „Flasche“ als pars pro toto auf seine verbreitete Ummantelung eines Korbes bzw. Flechtwerks zurückgeführt („Flasche“ von „Flechten“).
Gerhard Hauptmann dichtete „Glas ist Geist“. Es ist diesseitig-materiell, aber auch geistig-transzendent. Seine Widersprüchlichkeit ist menschlich und überzeitlich. Eine besondere Eigenschaft des Glases ist durch seine Ambivalenz gekennzeichnet, die schon immer faszinierte: Glas will immateriell und unsichtbar erscheinen und wird doch durch die Widerspiegelung und Reflexion der umgebenden Welt wahrgenommen.

Und dieses führt geradewegs von der Materialinterpretation zur geistigen Dimension eingeschlossener (Flaschen-)Inhalte.
Im Handbuch des deutschen Aberglaubens ist zu lesen: „Jemand befreit einen in eine Flasche gebannten Geist, erpresst von ihm für die Befreiung mancherlei Dienste und bringt ihn durch eine List wieder in sein Gefängnis.“

Der Mythos und das Märchen vom in einer gläsernen Flasche eingeschlossenen Geist verweist auf Materialeigenschaften von Glas. „Der Blick in die Flasche“ gibt die menschliche Gedankenwelt aus Wünschen, Träumen und magischen Vorstellungen frei. Sie sind mitunter „gläsern“ und steigen aus dem Unterbewusstsein auf.
Der Geist in der Flasche als das zu bannende Unheil, das sich dennoch immer wieder Wege bahnt, verführerisch und wirkmächtig in die Welt zu treten, verschafft sich nicht nur im Märchen Raum.

Dieses Prinzip mit künstlerischen Mitteln zu erfassen und in gläsernen Artefakten, Texten und anderen Medien widerzuspiegeln, ist der Grundtenor der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Glas. Es bietet sich ein reiches, gläsernes Vexierspiel mit Innen und Außen, Sichtbar und Unsichtbar, Realität und Fiktion, Materialität und Idee an.
Die teilnehmendenKünstler*innen sind eingeladen, sich durch den "Geist des Ortes" des Materials Glas" und durch den gemeinsamen Austausch im Glasstudio im Museum Baruther Glashütte inspirieren zu lassen, Ideen zu entwickeln und diese anschließend auch zu realisieren.

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